Analytische Myopie und Medien

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Moderator: oegeat

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CandleTrader

Analytische Myopie und Medien

Beitrag von CandleTrader »

Quelle:
http://www.weissgarnix.de/?p=789

"....Analysten-Kommentare wie den unten zitierten kriege ich derzeit laufend auf den Tisch. Alle kommen zum selben Ergebnis: die Aktie XY ist “billig”, und unbedingt ein “Kauf”. Weil nämlich die 2009/10-Gewinnschätzungen unverändert blieben. Und genau darin liegt das Problem. Denn selbst die “überdurchschnittliche Vorhersehbarkeit zukünftiger Gewinne”, die der Analyst hier behauptet, bezieht sich in der betreffenden Company maximal auf das Kalenderjahr 2009, und nicht einen Tag darüberhinaus. Und das macht leider auch eine Cash Flow-Rendite von 18% nicht unbedingt “billig”. Zumal es sich bei dem betreffenden Unternehmen um einen echten “Zykliker” handelt.

“Reiterate Buy Rating — We reiterate our Buy rating and $79 price target. 2009/10 estimates are unchanged. With FCF yield at ~18%, the stock remains exceptionally cheap given above-average earnings visibility. “..."



Exponentieller Nonsens - von Horst Stowasser

Das, was in den letzten Monaten in den Medien recht gedankenlosals „Krise“ bezeichnet wurde, ist also im Grunde nichts weiter, als das Aufplatzen der einen oder anderen Blase am Körper eines kranken Wirtschaftssystems, das statt einem Pflästerchen einer radikalen Therapie bedürfte, weil sich nämlich unter jeder Blase ein ausgewachsenes Geschwür verbirgt. Jedes Mal, wenn eine solche Blase platzt, ist das Gejammer groß, weil es manch einen juckt und vielen anderen auch richtig wehtut. Denen nämlich, die darauf spekuliert haben, ein arbeitsloses Einkommen zu erzielen und daran geglaubt haben, ihr Geld würde sich auf wundersame Weise vervielfältigen.

Die alberne Idee, Geld könne „arbeiten“ und sich von selbst „vermehren“, wurde natürlich von jenen cleveren Akteuren lanciert, die das Spiel vollständig durchschauen – jenen Profi-Zockern, die am Ende immer absahnen. Millionen einfacher Menschen haben dieses Märchen nur allzu gerne glauben wollen und dabei das Naheliegende ausgeblendet: dass für jeden Euro ihres Spekulationsgewinns am Ende irgendjemand irgendwo auf dieser Welt wird bezahlen müssen – mit Arbeit, mit Schweiß oder auch mit Blut. Kein Wunder, dass diejenigen Spekulationsdilettanten, die ihr Kleingeld beim Börsengang der Telekom oder mit Lehman-Brothers-Zertifikaten verbrannt haben, jedesmal von einer „Krise“ reden, wenn wieder mal eine jener Blase platzt. Und dass sie tüchtig heulen, wenn sie, statt von der Ausbeutung anderer zu profitieren, selbst die Zeche bezahlen müssen.
Dabei ist es gar nicht so schwer zu verstehen, warum weder Zinseszinsen noch galoppierende Renditeperformances auf Dauer jemals werden funktionieren können. Man braucht dazu nur ein bisschen Common Sense – gesunden Menschenverstand. Denn beide beruhen auf der törichten Fiktion, ein exponentielles Wachstum sei möglich und normal. Dies geht, wie die berühmte Geschichte mit den jeweils zu verdoppelnden Weizenkörnern auf dem Schachbrett zeigt, weder in der Wirtschaft, noch geht es in der Natur. Unsere Umwelt lehrt uns, dass Wachstum stets in wechselwirkenden Prozessen stattfindet, die sich gegenseitig begrenzen. In der Tat kennt die Natur nur einen Fall von ungebremstem exponentiellen Wachstum: den Krebs.Der führt in der Regel zum Tod und gilt mit Recht als Krankheit. Womit wir wieder im Bilde wären – und bei jener Definition von Krise, die sich selbst als eine pathologische Situation beschreibt.

Bye!
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