Und immer wieder die bösen Banker

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tibesti
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Und immer wieder die bösen Banker

Beitrag von tibesti »

Untergetauchter Depfa-Chef
Auf der Spur des Phantom-Bankers

Von Stefan Kaiser



Er war einer der bestverdienenden deutschen Banker - und machte sich aus dem Staub, bevor seine Geschäfte das Land in die Krise stürzten. Gerhard Bruckermann gilt als einer der Hauptschuldigen für das Desaster der Hypo Real Estate. Seitdem ist er verschwunden. Seine Spur führt um die halbe Welt.


Hamburg - Es war der Deal seines Lebens. Im Jahr 2007 verkaufte Gerhard Bruckermann die irische Bank Depfa an die Hypo Real Estate - ein Geschäft, das Bruckermann selbst gut 100 Millionen Euro einbrachte und dem deutschen Staat wohl viele Milliarden Euro Verluste. Denn es waren vor allem die in der Depfa verborgenen Risiken, die die Hypo Real Estate zu einem Fall für den Rettungsfonds machten.

Wenn jemand in Deutschland für die Mentalität steht, die zur Bankenkrise geführt hat, dann ist es Bruckermann. Es gibt viele Fragen, die man ihm stellen könnte, doch Bruckermann ist verschwunden. Als im Jahr 2009 der Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Hypo Real Estate (HRE) tagte, wollten die Parlamentarier den ehemaligen Depfa-Chef als Zeugen vorladen - ohne Erfolg: Die Abgeordneten konnten keinen Wohnort ausfindig machen. Die wenigen Spuren, die Bruckermann hinterlässt, deuten darauf hin, dass es dem ehemaligen Bankchef ganz gut geht: Ein Foto auf der Internetseite einer US-Lokalzeitung zeigte ihn vor zwei Jahren mit seiner Frau bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Florida. Bruckermann, braungebrannt, hält einen Drink in der Hand und strahlt in die Kamera. Er trägt das Haar jetzt wieder länger als zu Banker-Zeiten. "Ich lebe nicht, um zu arbeiten", hat er vor Jahren mal in einem Interview gesagt. Florida ist für Bruckermann offenbar zumindest vorübergehend zu einer neuen Heimat geworden. Im vergangenen Jahr kaufte seine amerikanische Frau ein Haus im Nobelort Naples - umgeben von Palmen und mit eigenem Zugang zum Meer. Preis: 3,5 Millionen Dollar. Nach wenigen Monaten schlug sie die Traumvilla allerdings wieder los. Wo die Bruckermanns nun wohnen, ist unbekannt. Auch gesellschaftlich ist der Ex-Banker anscheinend nicht gerade isoliert: Eine ehemalige Depfa-Mitarbeiterin und Vertraute Bruckermanns stellte 2011 ein Bild auf ihre Facebook-Seite, das den Finanzrentner mit dunklem Anzug und blauer Krawatte zeigt. Direkt neben ihm steht der frühere Uno-Generalsekretär Kofi Annan. Bruckermann ist nicht der einzige Katastrophenbanker, der sich nach der Krise ein angenehmes Leben macht. Der ehemalige HRE-Chef Georg Funke zum Beispiel lebt mittlerweile auf Mallorca und verdingt sich als Immobilienmakler. Zugleich klagt er auf Zahlung seiner Abfindung in Höhe 3,5 Millionen Euro plus 47.000 Euro Monatsrente. "Ich habe nichts getan, vor dem ich weglaufen müsste", sagte er kürzlich der "Bild"-Zeitung.

Eines unterscheidet Bruckermann von Funke und den anderen Ex-Chefs früherer Skandalbanken wie IKB oder HSH Nordbank: Er hat nichts zu befürchten. Er ist nicht verurteilt, ihm droht kein Prozess, gegen ihn wird nicht ermittelt. Deshalb hat er auch kein Interesse daran, sich öffentlich zu äußern. Sein Ruf ist schließlich ohnehin schon ruiniert. Womöglich müsste er noch einmal nach Deutschland kommen, wenn er als Zeuge zu einem Prozess gegen Ex-HRE-Chef Funke geladen würde. Doch derzeit sieht es nicht so aus, als käme es bald zu einem solchen Prozess. Die Staatsanwaltschaft ermittelt zwar, hat aber bisher noch keine Anklage gegen Funke erhoben. Der ehemalige HRE-Chef weist die Vorwürfe zurück. Er gibt stattdessen dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück die Schuld am Niedergang der Bank.

Bruckermann ist das Gesicht der Bankenkrise - doch seltsam: Wer mit Bruckermanns Wegbegleitern spricht, der gewinnt den Eindruck, dass da kein klassischer Bösewicht am Werk war, kein finsterer Investmentbanker wie Gordon Gekko im Filmklassiker "Wall Street". Vielmehr entsteht das Bild eines charmanten Schlitzohrs, dessen Ausstrahlung und Sympathie Gesprächspartner so überzeugte, dass sie gar nicht mehr fragten, was Bruckermann ihnen da anpries. Wenn der Schaden, den er angerichtet hat, nicht so groß wäre, könnte man darüber lachen, wie er seine Geschäftspartner genarrt haben soll. Gerhard Bruckermann wird 1947 in Solingen geboren. Sein Vater Erwin leitet die Kreditabteilung der örtlichen Sparkasse. Er vergibt Darlehen an mittelständische Unternehmen. An gebündelte US-Immobilienkredite denkt damals in Solingen niemand. Sohn Gerhard studiert Jura - unter anderem in Regensburg. Ein damaliger Kommilitone bezeichnet seinen Ehrgeiz als "begrenzt", seine juristischen Leistungen als "mittelmäßig". Dafür hat Bruckermann ein anderes Talent: Er kann Leute für sich einnehmen. "Ausgesprochen nett und charmant" sei Bruckermann, sagt einer, der ihn von früher kennt. "Ein rheinischer Filou." Der Aufstieg des lässigen Studenten zum Top-Banker sei eher "eine Felix-Krull-Geschichte" - in Anlehnung an die Romanfigur von Thomas Mann, die mit viel Empathie die feine Gesellschaft narrt. "Ich wusste von Banken nicht viel", wird Bruckermann später einmal freimütig zugeben. Trotzdem beginnt er nach dem Studium ein Trainee-Programm beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband und wechselt anschließend in die internationale Abteilung der Westdeutschen Landesbank (WestLB). Nach einer Station bei der Deutschen Bank wechselt er 1991 in den Vorstand der ehemaligen Deutschen Pfandbriefanstalt, die sich modisch schlicht Depfa nennt. Die ehemalige Staatsbank ist gerade privatisiert worden, aber noch immer so ziemlich das Biederste, was man sich in der Finanzwelt vorstellen kann. Sie leiht Staaten Geld, finanziert Infrastrukturprojekte wie Brücken und Autobahnen. Langweilig, befindet Bruckermann - und beginnt, das Institut umzukrempeln. Im Jahr 2000 wird er Chef der Bank. Zwei Jahre später verlagert er ihren Sitz nach Irland. Dort locken niedrige Steuersätze, und auch die Aufsichtsregeln für Finanzinstitute sind lascher als in Deutschland.
Bruckermann verwandelt die einst biedere Pfandbriefbank in einen verkappten Hedgefonds. Das Institut kauft öffentliche Anleihen, die oft über 10 oder 30 Jahre laufen. Um mehr Geld aus diesem langweiligen Geschäft zu holen, finanziert Bruckermann diese langfristigen Kredite allerdings immer kurzfristiger. Seine Bank leiht sich Geld für wenige Tage oder Wochen - und muss dafür sehr niedrige Zinsen zahlen. Die Differenz zu den höheren Renditen der Staatsanleihen streicht sie als Gewinn ein. Die Staatsfinanzierung sei "ein ungeschliffener Juwel", jubelt Bruckermann. Im Jahr 2004 erreicht die Bank eine Eigenkapitalrendite von 32,9 Prozent - davon kann selbst Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nur träumen. Bruckermann wird von seinen Wegbegleitern als "Visionär" gefeiert. Nur einige Investoren werden unruhig und fragen, warum die Bank eine so dünne Eigenkapitaldecke habe. Bruckermann lässt solche kritischen Fragen an sich abperlen. Sein Lächeln überzeugt. Im Gegenzug für die hohe Rendite, die er liefert, erhält er auch ein hohes Gehalt. Schätzungen zufolge soll er allein im Jahr 2004 7,4 Millionen Euro bezogen haben. Bruckermann gehört zu dieser Zeit zu den zehn bestverdienenden Top-Managern in Europa. Den Großteil des Geldes bezieht er in Form von Depfa-Aktien. Doch das Geschäftsmodell trägt nicht ewig. Weil langfristige und kurzfristige Zinsen sich immer weiter annähern, schrumpft die Rendite. Die Krise zerstört das Vertrauen zwischen den Banken. Die kurzfristigen Kredite, die die Depfa so dringend braucht, werden deshalb immer teurer. In ihrer Not muss die Bank hastig Anleihen verkaufen. Anfang 2007 rutscht die Kapitalmarktsparte der Depfa-Bank in die Verlustzone - für Bruckermann das Signal: Er muss das Institut so schnell wie möglich loswerden. Doch wer kauft eine Bank, die ganz offensichtlich in großen Schwierigkeiten steckt? Hier kommt Georg Funke ins Spiel. Der damalige Chef des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate will das ganz große Rad drehen. Er sucht nach Übernahmezielen - und findet Bruckermann. "Depfa, das ist Klasse, nicht Masse", jubelt Funke. Im Oktober 2007 übernimmt die HRE den Staatsfinanzierer für 5,7 Milliarden Euro. Bruckermann kann sein Paket mit Depfa-Aktien in HRE-Papiere tauschen und diese sofort verkaufen. Das ist ziemlich unüblich, normalerweise werden bei Übernahmen lange Haltefristen für das ehemalige Management vereinbart. Bruckermann jedoch streicht gut 100 Millionen Euro ein - und geht. Funke bietet ihm zwar noch einen Posten im Aufsichtsrat der HRE an, doch der ehemalige Bankchef lehnt dankend ab. Bruckermann handelt wie einer, der genau weiß, was Depfa und HRE bevorsteht. Als ein Jahr später, im Herbst 2008, die Hypo Real Estate unter den Lasten der Depfa zusammenzubrechen droht und vom Staat mit mehr als 100 Milliarden Euro gestützt werden muss, ist vom Solinger Luftikus nichts mehr zu hören. Das Finanzsystem bebt. Bruckermann ist weg. So ganz kann der Banker das Geschäft mit dem Geld auch nach seinem Abgang nicht lassen. Statt an Staaten verleiht er es nun aber lieber an arme Frauen, zum Beispiel in Kambodscha. Schon zu Depfa-Zeiten saß er dort im Vorstand von AMK - einem Unternehmen, das Kleinstkredite an Menschen vergibt, die bei normalen Banken nichts bekommen. Hier machte Bruckermann auch nach seinem Ausscheiden bei der Depfa weiter - und holte zwischenzeitlich noch ein paar alte Bekannte in den Vorstand: seinen Ex-Vize bei der Depfa, Thomas Kolbeck, und seine enge Vertraute Rebecca McKenzie. Die Idee hört sich selbstlos an, der Ökonom Muhammad Yunus erhielt dafür 2006 den Friedensnobelpreis. Doch inzwischen ist das Geschäftsmodell höchst umstritten. Viele Mikrokreditgeber verlangen teils horrende Zinsen. Bei AMK etwa waren es laut Geschäftsbericht in den Jahren 2007 und 2008 rund 35 Prozent. Das Geld geht zu mehr als 80 Prozent an Frauen. Doch viele davon wissen nicht, wie sie es zurückzahlen sollen - und nehmen deshalb den nächsten Kredit auf. Es entsteht eine Verschuldungsspirale, ganz ähnlich wie bei der großen Finanzkrise. Bruckermann selbst sah das zumindest vor der Krise weniger problematisch. "Die Kredite sind wirklich klein, und man braucht solche Zinssätze, um die Kosten zu decken", sagte er im Sommer 2008 dem Finanzdienst "The Street". Es war das letzte Interview vor seinem Abtauchen. Viele Experten üben harsche Kritik an den Praktiken der Mikrokreditfirmen. "Das Konzept ist absurd", sagt Christa Wichterich, die zahlreiche Aufsätze zum Thema verfasst hat. Für die Kreditnehmer seien die Unterschiede zu den Angeboten lokaler Wucherer oft nur gering. Dass nun auch noch große Fonds in das Geschäft einsteigen, hinter denen Renditeerwartungen von Investoren stehen, habe die Zinsen weiter steigen lassen. Seit etwa zwei Jahren kommen aus Indien immer wieder Meldungen über Selbstmorde hoch verschuldeter Frauen. Bruckermann ist mittlerweile zwar aus dem Vorstand der kambodschanischen AMK ausgeschieden. Doch mit McKenzie und anderen Vertrauten hat er die Finanzgesellschaft Agora Microfinance gegründet, die in Mikrokreditunternehmen in Asien und Afrika investiert, unter anderem in AMK. Ende 2011 legte die Gesellschaft einen Fonds auf, der Investorengelder von bis zu 80 Millionen Dollar anlocken soll. "Unsere Mission ist es, die Sozialrendite von Mikrokrediten zu maximieren und gleichzeitig unseren Investoren eine faire und attraktive Finanzrendite zu bieten", heißt es auf der Website des Unternehmens. Agora residiert in Bruckermanns ehemaligem Wohnhaus in der Londoner Innenstadt. Hier arbeitet mittlerweile auch sein Sohn Willis, eines von drei Kindern. Über seinen Vater will er lieber nicht reden. Der sei nicht mehr bei Agora aktiv, teilt Bruckermann junior am Telefon kurz mit. Auch über die Firma dürfe er nicht sprechen. Man solle sich lieber an den Chef wenden, den Ex-Banker Marcus Fedder. Doch der antwortet trotz mehrmaliger Anfrage nicht.

Am Ende bleibt Bruckermann ein Phantom. Seine Spuren führen nach London, Florida und Kambodscha. Manche vermuten ihn auch auf einer Orangenplantage in Südspanien. Im Herbst wird Bruckermann 65. Dass er jemals wieder in Deutschland auftaucht oder hier gar Steuern zahlt, ist unwahrscheinlich. Die Hypo Real Estate hat mittlerweile übrigens einen neuen Namen: Sie nennt sich jetzt Deutsche Pfandbriefbank - das soll so langweilig klingen wie einst bei der Depfa. Denn heute findet langweilig irgendwie jeder gut.

Quelle: Spiegel-online
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Beitrag von tibesti »

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Wenn's um Geld geht nicht immer Sparkasse
08.05.12

Von Daniel Schönwitz

Erstmals haben Strafverfolger eine Akte über eine Sparkasse angelegt, die Kunden zu Zockern wider Willen gemacht haben soll.



Den Lebensstandard bis ins hohe Alter zu sichern war das Ziel eines erfolgreichen Managers aus dem Rheinland. Von 2006 an kaufte der damals 39-Jährige Immobilien für mehrere Millionen, größtenteils auf Pump. Mit den Mieteinnahmen wollte er die Zinsen bezahlen, und am Ende der Laufzeit sollte ihm ein Portfolio abbezahlter Häuser gehören.
Inzwischen steht der Mann vor einem Scherbenhaufen - und zwei Mitarbeiter der Sparkasse Köln/Bonn, bei der er sich beraten ließ, müssen sich womöglich bald wegen Betrugs vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Köln hat gegen sie offiziell ein Ermittlungsverfahren eingeleitet (Az.: 115 Js 20/12). Die umstrittenen Zinswettgeschäfte, für die einige Banken schon längst zivilrechtlich bluten mussten, sind damit erstmals ein Fall für den Staatsanwalt. "Wir sehen einen hinreichenden Anfangsverdacht gegen einzelne Mitarbeiter der Sparkasse Köln/Bonn", bestätigte Staatsanwältin Carolin Breloer. Für den Manager aus dem Rheinischen sind aus 6 Mio. Euro Belastung Schulden in Höhe von fast 9 Mio. Euro erwachsen, ihm droht die Zwangsversteigerung der Immobilien und die Privatinsolvenz. Sein Anlageberater hatte ihm einen "Cross-Currency-Swap" angedreht und versprochen, damit könne er seine Zinslast senken. Vereinfacht ausgedrückt hatten Bank und Kunde vereinbart, die Kreditsumme in Franken umzutauschen. Dadurch zahlte der Manager die niedrigen Schweizer Zinsen. Doch als der Franken von 2007 an um 50 Prozent gegenüber dem Euro zulegte, wuchsen die Schulden im selben Maße. "Es handelte sich um eine hochriskante Devisenspekulation", sagt der Düsseldorfer Anwalt Jörg Andres, der den Manager vertritt. Es seien "grundlegende Risiken systematisch verschwiegen" worden.
Für die Banken hatten die riskanten Swaps, in die nicht nur die Sparkasse Köln/Bonn ihre Kunden getrieben hat, zivilrechtlich bereits erhebliche Folgen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Deutsche Bank voriges Jahr wegen ähnlicher Finanzprodukte zu 540.000 Euro Schadensersatz an den hessischen Hygieneausrüster Ille verdonnert (Az.: XI ZR 33/10) - mit der Konsequenz, dass die Geldhäuser seither genauer über die Risiken komplexer Derivate sowie über ihre eigenen Interessen an solchen Geschäften aufklären müssen.
Jetzt zeigt sich, dass die Justiz diese Entscheidung konsequent umsetzt. Und zwar nicht nur bei den großen Geschäftsbanken, sondern auch bei der örtlichen Sparkasse an der Ecke. Seit der Ille-Entscheidung häufen sich anlegerfreundliche Urteile. So verurteilte etwa das Oberlandesgericht Stuttgart im Februar eine Sparkasse wegen des Vertriebs von Devisenswaps zu Schadensersatz . "Laut BGH müssen Banken ihre Kunden umfassend über die Struktur komplexer Swaps aufklären", sagt Christian Gierets, Anwalt aus Düsseldorf. Insbesondere müssten Kunden erkennen können, dass ihr Risiko hoch, das der Bank aber sehr gering ist. Dies sei in der Vergangenheit oft nicht der Fall gewesen.
Die Banken hätten meist suggeriert, es handele sich um eine Wette unter Gleichen - je nach Marktentwicklung gewinne entweder die Bank oder der Kunde. "Das stimmte aber nicht," sagt Gierets. Die Institute hätten sich am Finanzmarkt abgesichert, während die Kunden schutzlos blieben. "Die Banken konnten nichts verlieren, die Kunden aber sehr viel."
Zudem hätten Banken oft das Währungsrisiko verharmlost und die mögliche Zinsersparnis betont. Besonders fragwürdig sei dies bei öffentlich-rechtlichen Sparkassen, sagt Gierets. Bei denen "rechnet er Kunde am allerwenigsten mit Zocker-Geschäften".
Die Sparkasse Köln/Bonn, zu der die Staatsanwaltschaft nun eine Akte führt, wehrt sich entschlossen gegen die Vorwürfe. Sie bezichtigt den ehemaligen Kunden der Lüge und erwägt ihrerseits eine Strafanzeige wegen Prozessbetrugs. In einer Präsentation, die der Mann erhalten habe, stehe ausdrücklich, dass sich der Kredit bei schlechter Wechselkursentwicklung "unbegrenzt" verteuern könne, sagt Sprecher Norbert Minwegen. Anwalt Andres hält dagegen, dass zuvor auf mehreren Seiten ausführlich die Vorteile des Swaps dargestellt wurden. Zudem sei das Geschäft als "sicherer Hafen" gepriesen worden.
Er sieht nicht nur Bankmitarbeiter, sondern den gesamten Vorstand der Sparkasse in der Verantwortung. Das Oberlandesgericht Stuttgart (Az.: 9 U 129/10) hatte bei einer Bank, deren Kunden nichts über Provisionen erfuhren, ein "vorsätzliches Organisationsverschulden" der Vorstände festgestellt. Das zeige, so Anders, "dass es strafrechtlich relevant ist, wenn Vorstände nicht für eine ausreichende Aufklärung der Kunden sorgen."
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Beitrag von tibesti »

Commerzbank muss Investmentbankern Millionen auszahlen



Die Commerzbank hat einen spektakulären Prozess um Bonuszahlungen verloren. Ein Londoner Gericht verurteilte das Institut dazu, nachträglich Prämien in Höhe von gut 52 Millionen Euro an Investmentbanker auszuschütten - mitten in einer hitzigen Debatte über Banker-Boni.


London - Niederlage für die Commerzbank: Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus muss ehemaligen Investmentbankern der Dresdner Kleinwort nachträglich Boni in Höhe von rund 52 Millionen Euro zahlen. Das entschied ein Gericht in London am Mittwoch. 104 ehemalige Beschäftigte von Dresdner Kleinwort hatten auf die Auszahlung der Boni geklagt. Das Urteil weckt Erinnerungen an den Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008: Damals wackelten zum ersten Mal die Millionen-Boni der Investmentbanker und eine breite Öffentlichkeit debattierte darüber, welche Vergütungen angemessen sind und welche nicht. Im Nachhinein hat das Londoner Gericht den Bankern noch einmal das Recht auf großzügige Prämien zugesprochen.
Rückblende: Im Krisenjahr 2008, kurz vor dem Verkauf der damaligen Allianz-Tochter Dresdner Bank an die Commerzbank, fürchtete die Allianz einen Exodus der Investmentbanker bei der Tochter Dresdner Kleinwort. Auch die britische Finanzaufsicht FSA wollte eine weitere Destabilisierung des angeschlagenen Instituts durch eine Kündigungswelle vermeiden. Der damalige Dresdner-Kleinwort-Chef Stefan Jentzsch konnte deshalb auf einer Mitarbeiterversammlung problemlos Bonuszahlungen von insgesamt 400 Millionen Euro versprechen. Die Boni wurden den Bankern sogar schriftlich zugesichert - allerdings mit einer Klausel, die es der Bank erlaubte, die Prämien zusammenzustreichen, falls sich die wirtschaftliche Lage massiv verschlechtern sollte. Auf diese Klausel berief sich die Commerzbank als neuer Eigentümer der Dresdner Kleinwort kurz vor Jahresende 2008. Die versprochenen Boni wurden, wo immer das möglich war, um 90 Prozent gekappt. Die Begründung klang einleuchtend: Die Dresdner Kleinwort hatte in dem Jahr einen Verlust von mehr als sechs Milliarden Euro angehäuft. Auch wegen dieser Verluste musste die Commerzbank damals vom Staat gerettet werden. Die Investmentbanker sahen das anders: Das Minus sei kein Grund, "einfach die Spielregeln zu ändern", sagte ein Anwalt zum Prozessbeginn im Januar. Im Grunde ging es in dem Prozess um die Frage, ob Boni auch als "Halteprämien" angesehen werden können - so argumentierten die Investmentbanker - oder ob es Erfolgsprämien sind, auf die es bei Verlusten keinen Anspruch gibt. Das Gericht folgte offenbar der Logik der Banker. Die Commerzbank äußerte sich über das Urteil enttäuscht und kündigte an, in Berufung zu gehen. In London erregte der Prozess großes Aufsehen, weil Großbritannien gerade erneut in einer hitzigen Debatte über Banker-Boni steckt. Erst im Januar hatte Premierminister David Cameron kritisiert, die Sonderzahlungen und Leistungsprämien an die Investmentbanker seien "außer Kontrolle geraten".
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Beitrag von tibesti »

Milliardenverlust bei JP Morgan
Die Rückkehr der Regulierer



Die prekärsten Begegnungen ereignen sich oft im Aufzug. Joe Nocera, ein Kolumnist der "New York Times", kann ein Lied davon singen. Vor ein paar Monaten trat Jamie Dimon, der Chef von JP Morgan Chase (JPM), der größten US-Bank, zu ihm in einen voll besetzten Lift. Dimon erkannte Nocera und fragte in die aufzugtypische Stille, für alle gut hörbar: "Wieso hasst die 'New York Times' die Banken?" Nocera - gerne kritisch, aber beileibe kein Feind der Wall Street - entsann sich dieser Anekdote in einer Kolumne Anfang April. Seine Antwort: "Es ist nicht die 'New York Times', Mr. Dimon. Wirklich nicht. Es ist das Land, das dieser Tage die Banken hasst."
Knapp sechs Wochen später sieht sich Nocera bestätigt. Exakt 28 Minuten dauerte Dimons hastig einberufene Schaltkonferenz mit Analysten am Donnerstag nach US-Börsenschluss. Das reichte, um das hohe Ansehen seiner Bank auf absehbare Zeit zu zerstören - und vor allem sein eigenes Image als unfehlbarer König der Wall Street. Und sie brachte die Debatte über die stärkere Regulierung der Banken áuf die politische Agenda zurück.

Spielerei mit Sprengstoff

In nur sechs Wochen hat JP Morgan, das die Finanzkrise besser überstanden hatte als alle anderen Banken, mit obskuren Spekulationsgeschäften rund zwei Milliarden Dollar in den Sand gesetzt - als hätte es die Bankenkrise nie gegeben "Die Wall Street hat ihr wahres Gesicht gezeigt", schreibt Börsenblogger Henry Blodget: "Die Banker sind wie Kinder, die mit Sprengstoff spielen." nDie Börsenaufsicht SEC nahm bereits erste Vorermittlungen gegen JPM auf, um zu klären, ob bei den missratenen, nach ersten Erkenntnissen aber legalen Deals, alles mit dem Rechten zuging. Zugleich zeichnete sich ab, dass die Debatte um stärkere Regulierung der Finanzbranche neuen Wind bekommt - was wiederum den polarisierten US-Wahlkampf weiter verschärfen dürfte. Das Debakel, in dessen Mittelpunk eine JPM-Abteilung in London steht, sei "ein Schlag für die Glaubwürdigkeit" der Bank, schreibt der Analyst Gerard Cassidy (RBC Capital Markets). Denn die Banker von JPM galten bisher als wahre Meister im Umgang mit riskanten Geschäften. Kein Wunder also, dass Dimon gerade jene neuen Richtlinien in der US-Finanzmarktreform bekämpft hatte, die so solche Geschäfte verhindern sollen.

Kaum noch Argumente gegen eine stärkere Regulierung

Die Reform, von US-Präsident Barack Obama initiiert, war 2010 vom Kongress verabschiedet worden - allerdings erheblich verwässert von der Wall-Street-Lobby. Eine zentrale Vorschrift, die nach dem Ex-Notenbankchef Paul Volcker benannte "Volcker-Regel", ist bis heute nicht in Kraft getreten. Sie untersagt Banken die Spekulation mit eigenem Kapital auf eigene Kasse - wie es JPM in diesem Fall offenbar getan hatte. Außerdem sträuben sich JPM und die anderen Banken bis heute dagegen, mehr Reservekapital halten zu müssen, um Verluste abzufedern. Sie beklagen zudem die Kosten, die durch die vorgesehene Regulierung entstehen würden. All diese Argumente verlieren vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse jedoch ihre Schlagkraft. "Für JP Morgan Chase hätte diese Hiobsbotschaft zu keiner schlechteren Zeit kommen können", sagte Finanzprofessor Frank Partnoy der "New York Times". Vor allem das Kostenargument der Banken, die die neuen Regeln als zu teuer beklagen, "ist heute um mindestens zwei Milliarden Dollar schwieriger geworden", erklärte der demokratische Kongressabgeordnete Barney Frank, einer der Namensgeber der Finanzmarktreform (Dodd-Frank Act). "Ohne jegliches Zutun der Regierung hat JP Morgan Chase das Fünffache dessen verloren, was eine stärkere Regulierung nach ihren Angaben kosten würde."

Die Führung war im Bilde

Auch wenn die Details des Desasters nur schleppend zutage treten, werfen sie schon jetzt ein denkbar schlechtes Licht auf JPM. Anders als die Schweizer Großbank UBS, die ihren 2,3-Milliarden-Dollar-Zockerverlust einem einzigen, skrupellosen Trader in die Schuhe schieben konnte, war die JPM-Spitze offenbar bestens im Bilde - seit längerem. Seit Mitte April habe JPM die obskuren Geschäfte mit den Aufsichtsbehörden in den USA und London diskutiert, meldete die "New York Times". Dies deckt sich mit Berichten aus jener Zeit, wonach massive Spekulationen des Londoner JPM-Traders Bruno Iksil - genannt "Londoner Wal" und "Voldemort" (nach dem Harry-Potter-Urschurken) die Irritation der Kreditbranche erregt hätten. Dimon hatte diese Berichte damals als "Sturm im Wasserglas" abgetan. Dabei muss er schon damals Bescheid gewusst gehabt haben. Denn im Zentrum des Sturms steht das Chief Investment Office (CIO), eine JPM-Abteilung, die in obskuren Finanzmärkten spekuliert, um firmeninterne Aktiva und Passiva auszugleichen. Deren Chefin ist Ina Drew, eine alte Vertraute Dimons.

Gewinner sind die Hedgefonds

Iksil sitzt in der Londoner Dependance des CIO. Dort handelt er mit Derivaten, in diesem Fall dem "Wall Street Journal" zufolge mit einem komplexen Derivateindex namens CDX.NA.IG.9. Der ist über sogenannte Kreditausfallversicherungen (CDS) an die Finanzdaten von 121 Konzernen gekoppelt: Mit ihm lässt sich für oder gegen die Stabilität dieser Konzerne wetten - ein heutzutage immer noch populäreres Spiel, bei dem man aber eben auch Milliarden Dollar verjubeln kann. Diese Spekulationen, so zumindest bisher die Annahme, waren dabei von der Konzernspitze gedeckt: "Dies war eine Strategie, die die Bank selbst entwickelt hatte, mit vollem Wissen und Flankenschutz des JP-Morgan-Managements", meldete der Börsenblog der "New York Times". Iksil hatte offenbar so viel in diesen Index investiert, dass sich seine Gegenparteien - angeblich eine Gruppe Hedgefondsmanager - rächten. Sie informierten mehrere US-Medien. Als die Spekulationen publik wurden, ging das Geschäft für Iksil nach hinten los. "Der Markt wandte sich gegen ihn", schreibt der Wall-Street-Kritiker Matt Taibbi, Starautor des Magazins "Rolling Stone". "Sobald deine Position bekannt wird, hast Du verloren."

Verlust an allen Fronten

Inzwischen zeichnet sich ab, dass JP Morgan nicht nur den Verlust von zwei Milliarden Dollar hinnehmen durch den verzockten Deal hinnehmen muss. Die Rating-Agentur Fitch stufte die Bank herab, an der Börse sackte der Kurs des Unternehmens am Freitag um 9,3 Prozent ab, JP Morgan verlor damit rund 15 Milliarden Dollar an Marktwert. Viel stärker aber als der rein finanziellen Verlust dürfte die Bank der Image-Schaden treffen - und die Tatsache, dass in der amerikanischen Öffentlichkeit jetzt wieder breit über stärkere Regulierungen diskutiert wird. Auch Präsident Obama, der das Thema zuletzt vermieden hatte, macht damit nun wieder Wahlkampf: "Sie wollen die Regeln zurückdrehen, die wir für die Banken und Finanzinstitutionen eingeführt haben", richtete er seinen Vorwurf an die Republikaner - und indirekt auch an die Wall Street.
Gewinner dieses Skandals sind - zumindest kurzfristig - die Hedgefonds. Allein die Finanzfirmen BlueMountain Capital und BlueCrest Capital hätten durch die missratene JPM-Wette bisher je 30 Millionen Dollar verdient, berichtet das "Wall Street Journal". Insgesamt aber profitierten mehr als ein Dutzend Hegdefonds, die gegen Iksil gewettet hatten. So ist das an der Wall Street: Wenn einer verliert, gibt es immer einen, der gewinnt.

Quelle: Spiegel-online
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Beitrag von oegeat »

:wink: bezogen auf bestimmte Europ. Banken ... hier
Der Gewinn liegt im Einkauf. Alles wird besser, man muss nur warten können !

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Alle meine Beträge sind nur meine private Meinung und stellen keine Anlageberatung im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes dar oder sind Aufforderungen zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder anderen Finanzmarktinstrumenten.
Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte: evtl. sind besprochene Wertpapiere in meinem privaten Depot enthalten
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