Venezuela, Iran und Co.: Energie als Polit-Waffe
Ob Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad oder Hugo Chavez, der Präsident von Venezuela: Immer mehr Staaten setzen ihre Öl- und Gasvorräte als politisches Druckmittel ein. Und erschüttern damit den Energiemarkt. Das Problem: Die größten Energievorkommen liegen in politisch unsicheren Regionen. "Das Umfeld für neue Energien ist daher hervorragend", sagt Robin Batchelor, Fondsmanager des Merrill Lynch World Energy und des Merrill Lynch New Energy.
Irans Präsident könnte die Preise an den Zapfsäulen nach oben treiben
Seinen Namen können bisher nur die wenigsten hierzulande unfallfrei aussprechen. Doch Mahmud Ahmadinedschad gibt sich derzeit alle Mühe, seinen Bekanntheitsgrad speziell an den Tankstellen merklich zu steigern. Denn Irans Präsident ist dabei, die Preise an den Zapfsäulen für die kommenden Monate kräftig nach oben zu treiben. Einen Vorgeschmack darauf gab es in den vergangenen Tagen, als der 49-jährige im Streit um Irans umstrittenes Atomprogramm den größten Trumpf des Landes ausspielte – seinen Rohstoffreichtum.
Der Präsident des viertgrößten Erdöl-Exporteurs der Welt droht unverhohlen damit, daß er auf mögliche Wirtschaftssanktionen des Westens mit einer drastischen Erhöhung des Rohölpreises reagieren werde. Daraufhin schossen die Notierungen für das schwarze Gold auf dem Weltmarkt kurzfristig auf über 69 Dollar je Barrel (159 Liter) der Marke Brent Crude hoch– ein Plus von zwölf Prozent allein seit Jahresanfang.
"Wenn der Iran seine Drohung wahrmacht, dann steigt der Ölpreis auf ein neues Rekordhoch"
Die Angst vor Teheran bleibt, auch wenn sich die Situation auf dem Ölmarkt wieder etwas beruhigt hat. Denn das weltweit knappe Ölangebot spielt Ahmadinedschad derzeit in die Hände. Ein Embargo würde speziell die energiehungrigen Industrienationen und damit die Kritiker Teherans hart treffen.
"Wenn der Iran seine Drohung wahrmacht, dann steigt der Ölpreis auf ein neues Rekordhoch", erklärt Klaus Matthies vom Hamburgischen Welt-Wirtschaftsarchiv. Die Energieexperten der Barclays Bank, die die Entwicklung des Ölpreises 2005 am genauesten prophezeit hatten, erhöhten ihre Jahresprognose auf Grund der bedrohlichen Lage für 2006 gleich von 61 auf 68 Dollar.
"Die Öl-Förderländer produzieren schon am Limit"
Vier Millionen Barrel holt der Iran Tag für Tag aus der Erde, knapp fünf Prozent der Weltproduktion. Einen Ausfall in dieser Größenordnung kann derzeit kein Produzent auffangen. Selbst Saudi-Arabien als Ölexporteur Nummer 1 besitzt nur noch 1,4 Millionen Barrel freie Förderkapazitäten. "Die Förderländer produzieren schon am Limit", weiß Robin Batchelor, Fondsmanager des Merrill Lynch World Energy (ISIN: LU 012 237 642
. "Vor fünf Jahren war die Lage auf dem Markt noch längst nicht so angespannt wie heute."
Das Regime in Teheran ist keineswegs das einzige, das seine Energiereserven unverhohlen zur Einflußnahme mittels Pipeline nutzt. So sorgte der russische Präsident Wladimir Putin vor kurzem dafür, daß die Ukraine ihre Abhängigkeit vom größten Erdgas- und zweitgrößten Ölexporteur der Welt zu spüren bekam. Offiziell ging es um die schnelle Erhöhung der Erdgaspreise auf Weltmarktniveau, inoffiziell um die unerwünschte Westorientierung der Regierung in Kiew.
Linkspopulist Hugo Chavez
Als Strafe drehte Putin dem Nachbarland mitten im Winter kurzerhand den Gashahn zu. Seit Putins Strafaktion geht auch in gasabhängigen westeuropäischen Staaten die Sorge um, auch sie könnten in Zukunft ein Opfer der brachialen russischen Energiepolitik werden.
Die Machtpolitik der Ölländer macht selbst vor der globalen Supermacht USA nicht halt. So schärft Venezuelas Präsident Hugo Chavez derzeit sein Profil als Führer der lateinamerikanischen Linken mit einem publikumswirksamen Hilfsprogramm für arme US-Amerikaner. 45 Millionen Liter verbilligtes Heizöl läßt der Populist in den USA an Bedürftige verteilen.
Die größten Energievorkommen liegen in politisch unsicheren Regionen der Welt
Gleichzeitig droht Chavez mit schweren Konsequenzen, sollte sich die US-Regierung weiter in die Politik seines Landes einmischen. "Was würde passieren, wenn ich morgen sagen sollte, daß kein Öltanker mehr Richtung USA abfahren darf?", fragt der Präsident, dessen Land mit einem Anteil von über zehn Prozent der größte Ölimporteur der USA ist. "Und was würde passieren, wenn ich unsere acht Raffinerien in den USA schließen ließe?"
Die Abhängigkeit von Populisten wie Chavez oder Ahmadinedschad wird sich in den kommenden Jahrzehnten noch weiter verschärfen. Denn während die Ölreserven in den westlichen Industrieländern wie Norwegen, Großbritannien und den USA schnell zur Neige gehen, ruhen die größten Energievorkommen in politisch unsicheren Regionen der Welt.
"Der Ölmarkt wird immer stärker von politischen Ereignissen beeinflußt"
So ist unter den zehn größten Ölstaaten der Zukunft kein einziges Land der westlichen Hemisphäre vertreten, der Löwenanteil der bekannten Ressourcen entfällt auf das Pulverfaß Naher und Mittlerer Osten. Ähnlich problematisch schaut es bei der Verteilung der weltweiten Gasvorkommen aus. Folge: Die Energiemärkte müssen sich in Zukunft immer häufiger auf Störungen und damit auf volatilere Energiepreise einrichten.
Die Anfälligkeit des Markts wissen auch diverse Rebellengruppen für sich zu nutzen, die etwa im Irak oder wie in der vergangenen Woche in Nigeria die Förderung mit Terrorakten zu stören versuchen. "Der Ölmarkt wird immer stärker von politischen Ereignissen beeinflußt", meint Friso Rengers, Fondsmanager des ABN Amro Energy (ISIN: LU 008 549 389 7).
"Die Ölmultis haben große Probleme zu wachsen"
Das schwierige Umfeld bekommen zudem die großen Unternehmen wie Exxon oder Total zu spüren. "Die Ölmultis haben große Probleme zu wachsen", erklärt Merrill-Lynch-Manager Batchelor. Entweder wird den Multis der Zugang zu den ergiebigen Ölfeldern der Opec-Staaten verwehrt.
Oder sie müssen sich mit den unsicheren politischen Lagen in Ländern wie Bolivien herumschlagen. Dort wurden ohne Vorwarnung die Abgaben auf das geförderte schwarze Gold kräftig erhöht. "Wir achten daher sehr genau darauf, daß kein Ölunternehmen in unserem Fonds nur in einem einzigen Land tätig ist", sagt Rengers.
"Das Umfeld für neue Energien ist hervorragend"
Auch die Regierungen handeln. Unter dem Eindruck der Ereignisse wird verstärkt nach neuen Lösungen gesucht. So diskutierten EU-Finanzminister vergangene Woche in Brüssel über eine gemeinsame europäische Energiepolitik, um die Abhängigkeit von einzelnen Ländern wie Rußland zu vermindern.
Neben dem Ausbau der Kernenergie werden erneuerbare Energien favorisiert. Ob EU, USA oder China: Wind-, Wasser- und Solarenergie gelten als die Hoffnungsträger, um die Abhängigkeit von den Öl- und Gasförderstaaten zu senken. "Das Umfeld für neue Energien ist hervorragend", erklärt Fondsmanager Batchelor, der auch den Merrill Lynch New Energy (ISIN: LU 012 438 486 7) managt.
Der Boom bei der Ökoenergie wird den Energiehunger nicht stillen
Doch der Boom bei der Ökoenergie wird längst nicht ausreichen, um den steilen Anstieg der Energienachfrage auch nur annähernd auszugleichen. Nach Berechnungen der Internationalen Energiebehörde (IEA) wird der weltweite Bedarf an Erdöl von derzeit 83 Millionen Barrel am Tag auf über 92 Millionen Barrel im Jahr 2010 steigen.
Bis 2033 könnte der Verbrauch wegen des Aufstiegs der asiatischen Schwellenländer China und Indien sogar auf 121 Millionen Barrel in die Höhe schießen. Ahmadinedschad wird es mit Freude hören.
Peak-Oil-Theorie: Wann geht der Welt das Öl aus?
Viele Energieexperten warnen, daß schon in wenigen Jahren der Höhepunkt der weltweiten Ölproduktion (peak oil) erreicht sein könnte. Danach soll die Produktion nicht wieder dasselbe hohe Niveau erreichen, da sich die Vorräte langsam, aber sicher erschöpfen. Höhere Ölpreise wären die logische Folge. Vieles spricht dafür, daß dieses Szenario in den kommenden Jahren eintreten könnte. So hat die Ölproduktion in den USA, Norwegen und Großbritannien ihren Höhepunkt schon überschritten. Und auch die Zahl neuer Ölfunde nimmt seit Jahren weltweit kontinuierlich ab.
Weltweite Ölreserven:
1. Saudi Arabien: 22,1%
2. Iran: 11,1%
3. Irak: 9,7%
4. Kuwait: 8,3%
5. Vereinigte Arabische Emirate: 8,2%
6. Venezuela: 6,5%
7. Rußland: 6,1%
Rußland-Fonds: DWS Russia
Bei den Nachbarn hat sich Rußland mit seiner Energiepolitik nicht beliebt gemacht. Investoren hingegen sind angesichts der Chancen des russischen Markts begeistert. Die rohstofflastige Börse Moskau gehört seit Jahren zu den erfolgreichsten Finanzplätzen weltweit. Von den sprudelnden Petro-Dollars profitieren aber nicht nur Öl- und Gasunternehmen. Auch Konsumtitel verzeichnen dank der steigenden Pro-Kopf-Einkommen deutliche Kurszuwächse. Und selbst wenn die Energiepreise wieder etwas zurückgehen sollten, fließt weiterhin viel Geld ins Rohstoff-Wunderland. Anleger können mit dem DWS Russia (ISIN: LU 014 686 479 7) am Wirtschaftsaufschwung im Putin-Reich teilhaben. Fondsmanager Stefan Gruschka setzt in seinem Portfolio neben Energie- auch auf Finanz- und Telekom-Werte.
Rußland-Fonds: Performance seit 1.1.2005 (in %)*
1. DWS Russia: 111,9
2. ABN Russia Equity: 110,9
3. CI Russia Stock VT :105,2
4. Magna Russia Fund A: 87,6
Energiefonds: Merrill Lynch World Energy
Der von Robin Batchelor und Poppy Buxton gemeinsam gemanagte Fonds gehört seit langem zu den besten seiner Kategorie. In den vergangenen drei Jahren legte er um über 150 Prozent zu. Die beiden Manager setzen derzeit nicht nur auf die großen integrierten Ölkonzerne wie Exxon oder BP. "Um von der weltweiten Suche nach neuen Ölvorkommen zu profitieren, favorisieren wir in unserem Portfolio insbesondere Öldienstleister", erklärt Batchelor. Diese Firmen helfen den Multis bei der dringend nötigen Erschließung neuer Ölreserven und dürfen 2006 daher auf zahlreiche lukrative Aufträge hoffen.
Energie-Fonds: Performance seit 1.1.2005 (in %)*
1. Merrill L. Wld Energy A2 USD: 88,2
2. AMEX Global Energy Equities: 85,9
3. Invesco Energy A: 84,5
4. DWS Energiefonds: 70,0
5. Robeco Energy EUR D: 68,9
6. CI Energy Stock VT :67,4
7. ABN Energy: 65,7
8. CS EF Global Energy: 64,4
9. FORTIS Equity Energy Europe C: 63,2
10. dit-Energiefonds: 63,1
Neue-Energie-Fonds: Adig NewPower
Adig-Fondsmanager Klaus Breil setzt nicht ausschließlich auf alternative Energieformen. "Vielmehr investieren wir in alle Arten von Unternehmen, die es ermöglichen, mit der Energie ressourcenschonender umzugehen", sagt er. Unabhängig davon, ob die Firmen im Kohle-, Öl-, Uran-, Solar- oder Wasserstoffbereich tätig sind. Diese Offenheit bei der Aktienauswahl zahlt sich letztlich aus. In den vergangenen drei Jahren kam der Adig NewPower (ISIN: LU 012 250 592 7) auf einen Gewinn von mehr als 100 Prozent.
Neue-Energie-Fonds: Performance seit 1.1.2005 (in %)*
1. Adig NewPower P: 68,1
2. Merrill L. New Energy Fund A: 64,2
3. Vontobel GT NewPowerTech A2: 53,9
4. Sarasin New Energy: 50,6
5. SAM Smart Energy B: 40,1
6. UBS (Lux) E.F.Glob.InnovatorsB: 33,4
Quelle: *FINANZEN FundAnalyzer, Performance auf Euro-Basis, Stand: 27.01.2006"
Quelle: fundresearch.de