Arabische Währung könnte Dollar schwächen

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tibesti
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Arabische Währung könnte Dollar schwächen

Beitrag von tibesti »

Arabische Währung könnte Dollar schwächen

Sechs Staaten am Persischen Golf, darunter Saudi-Arabien, nehmen sich den Euro als Vorbild - und planen für das Jahr 2010 eine eigene Währung. Experten halten das Projekt für realistisch - und glauben, dass es die dominierende Rolle des US-Dollars schwächen könnte.


Frankfurt am Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) will die sechs Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrates (GCC) bei Aufbau ihrer Währungsunion beratend unterstützen. Das gebe dem Vorhaben Gewicht, sagte der Devisenexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Bislang sind die jeweiligen Währungen der Länder an den Dollar gekoppelt, ihre Fremdwährungsreserven werden ebenfalls größtenteils in US-Dollar gehalten.

Die EZB habe den Golfstaaten Bahrain, Kuweit, Saudi-Arabien, Oman, Katar und Vereinigte Arabischen Emirate ein "bemerkenswertes Ausmaß an monetärer Konvergenz" bescheinigt.

"Wir haben mit der EZB bei verschiedenen Gelegenheiten zusammengearbeitet", sagte der Exekutivdirektor der Währungsbehörde von Bahrain, Abdul Rahman Saif, der "Financial Times". Jetzt widme man sich "Fragen der Implementierung". Mit der Erarbeitung von Kriterien für den Beitritt zur Währungsunion - etwa Richtwerten für Inflation und Staatsverschuldung - hätten die Länder bereits begonnen, hieß es. Viele Entscheidungen stünden aber noch aus, so die über den Sitz der künftigen Zentralbank.

Trend zu größeren Währungsräumen

Das Projekt ist durchaus realistisch, sagte Chefanalyst Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Das Ziel, die Währungsunion bis zum Jahr 2010 einzuführen, halte er für "sehr ambitioniert, aber nicht unmöglich". Hellmeyer sieht einen weltweiten Trend, dass sich Regionen nach dem Vorbild der Euroländer zu einem gemeinsamen Währungsraum zusammenschließen. Eine ähnliche Entwicklung zeichne sich bereits in Asien ab - wobei aber noch nicht klar sei, ob sich auch Japan beteiligen wird. Diese Entwicklung ist laut Hellmeyer zu begrüßen, da sie zu einer Stabilisierung des weltweiten Finanzsystems beitrage.

Der Erfolg des Euro in Dollar fördert nach den Worten von BHF-Chefvolkswirt Uwe Angenendt den Trend zu größeren Währungsräumen. Die Vorteile lägen nicht alleine in geringeren Transaktionskosten, sondern auch in insgesamt deutlich niedrigeren Zinsen.

Schnelle Akzeptanz erwartet

"Die geplante gemeinsame Golfwährung könnte die Rolle des Dollar als dominierende Ölwährung in Frage stellen und damit die Finanzierung des US-Leistungsbilanzdefizites unterminieren", sagte Devisenexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Diese könne so zu einem erheblichen Belastungsfaktor für den Dollar werden. Die beratende Rolle der EZB dürfte den Einfluss und die Attraktivität des Euro in der Region erhöhen.

"Die künftige Währung wäre aufgrund der Deckung durch Öl-Einnahmen auch als potentielle Reservewährung für Zentralbanken interessant." Zudem würden die sechs Staaten ihre Ölexporte vermutlich in der neuen Golfwährung abwickeln, was die weltweite Dollarnachfrage verringern würde. Die betroffenen Länder verfügen über die Hälfte der bekannten weltweiten Erdölreserven.

Auch Hellmeyer sieht bereits heute die Rolle des Dollars als primäre Reservewährung im Schwinden. So gab beispielsweise die schwedische Notenbank am Freitag bekannt gegeben, dass sie ihre Dollarreserven um 17 Prozentpunkte reduziert hat. "Eine weitere attraktive Währung dürfte die Rolle des Dollar weiter unterminieren." Laut Fritsch sprechen auch politische und religiös motivierte Faktoren für eine schnelle Akzeptanz der neuen Währung. Zweifel an einer möglichen Rolle als Reservewährung hat hingegen Angenendt, da die Region politisch immer noch sehr instabil sei.

Eine unmittelbare Gefahr für den Dollar sieht Fritsch allerdings auch noch nicht, da noch einige Jahre bis zum Entstehen der Golf-Währungsunion vergehen dürften. Die Entwicklung müsse "man jedoch im Auge behalten".

Jürgen Sabel, dpa-AFX
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