F&P AG Gläubigerversammlung

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Klinge

F&P AG Gläubigerversammlung

Beitrag von Klinge »

Auf der Gläubigerversammlung beim Amtsgericht Kassel am 20.12.05 mit 191 Besuchern (von 2500-3000 Geschädigten) ging die Insolvenzverwalterin der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG von einer möglichen zu verteilenden Masse von ca. 26,6 Mio. Euro aus. Eine Quote von 50 % sei möglich (unverbindlich). Die monatlichen Kontoauszüge des englischen Brokers habe der Verantwortliche L. geschreddert und neue erstellt. Der Wirtschaftsprüfer habe auch gemeinsame wirtschaftliche Interessen aufgrund von Immobilieneigentum mit den Verantwortlichen der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG gehabt und die Brokerbelege nicht direkt angefordert, sondern sich welche vorlegen lassen. Die Testate seien von 1999 bis 2003 von ihm widerrufen worden. Tatsächliche Verbindlichkeiten seien unrichtigerweise als Eigenkapital gebucht gewesen. Bei den atypischen Beteiligungen sei dieses aber nur bei langfristigen Verträgen möglich, nicht bei kurzfristigen und sofort kündbaren. Die Bilanz sei nach § 256 AktG nichtig. Die erste Fälschung sei 1997 bei der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG anlässlich einer Finanzamtsprüfung erfolgt. Da die Steuerbescheide der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG 1998 bis 2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, soll versucht werden, die Verluste (statt der Gewinne) steuerwirksam gegenüber dem Finanzamt darzustellen. Die zu ändernden Grundlagenbescheide würden im Erfolgsfalle die Bestandskraft der bisherigen Steuerbescheide der Wohnsitzfinanzämter durchbrechen und automatisch zu Steuerrückzahlungen bei den Anlegern führen. Hier könnte mit einer Einkommenssteuererstattung von 9,3 Mio. zu rechnen sein. An Gewerbesteuern sind von 1998 bis heute aufgrund der zu erfolgenden Berichtigung 2,2 Mio. Euro zur Masse zu ziehen. An die Anleger gezahlte Scheingewinne in Höhe von 3 Mio. sollen eventuell angefochten werden durch die Insolvenzverwalterin, § 134 InsO, das AnfR gelte für die letzten 4 Jahre. Die Anfechtungsforderung sei aber wegen der Fraglichkeit mit einem Erinnerungswert von 1 Euro angesetzt gewesen. Forderungen seien in Höhe von 40 Mio. angemeldet worden. Diese hätten aber auch die Ansprüche aus den Kontomitteilungen (also mit Scheingewinnen) erfasst, nicht aber den eigentlichen Schadensatzanspruch (Einzahlungen minus Rückzahlungen). Die Insolvenzverwalterin neigte zu dem Standpunkt, der öffentlich-rechtliche Rückabwicklungsanspruch gemäß der Anordnung der BaFin schließe ein Saldoanerkenntnis (einschließlich der Scheingewinne) aus. Was dann aber mit der Verjährungseinrede nach § 37 a WpHG sowie mit Einzahlungen vor der 6. KWG-Novelle seien, also vor dem 01.01.1998, bleibt weiteren Verhandlungen vorbehalten. Die Gesamtheit der Buchhaltung müsse aufgearbeitet werden. In den Gläubigerausschuss wurden fünf Vertreter gewählt. Es sei ein dinglicher Arrest in das Vermögen des Vorstandes L. durch die Staatsanwaltschaft erlassen worden. Dessen Vermögen werde auf 400-500.000,-- Euro geschätzt, was aber nicht vollständig als Beutegut im Sinne des strafrechtlichen Arrestrechts gesehen werden könne. Auch habe das Ehepaar L. Insolvenz angemeldet. Herr L. habe die Verantwortung auf sich genommen. Wegen diverser Ungereimtheiten (z.B. die Verjährungseinrede für alle Zahlungen drei Jahre vor dem Insolvenzantrag, Rückforderungen aller Auszahlungen innerhalb der letzten vier Jahre vor Insolvenzantrag gegenüber den Anlegern) lassen sich die Forderungen vermittelst einer vergleichsweisen außergerichtlichen Einigung weiter optimieren.

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F & P Aktiengesellschaft & Co. KG, 21.10.2005: Nicht wenige Geschädigte haben einen Teil der Alterssicherung verloren. Die seelische Betroffenheit ist verständlicherweise groß. Eine Insolvenzquote von 2/3 des Verlustes könnte vorsichtig geschätzt bei günstigen Winden möglich sein. Die Suppe wird also nicht so heiß gegessen wie sie gekocht wird. Hinsichtlich der beiden Insolvenzverfahren (bitte Anmeldefristen beachten) F & P-AG & Co KG und F & P

-AG sind die folgenden Aspekte bedeutsam:

Sind die Kommanditisten Gläubiger? Diese Frage müsste nach dem BGH- Urteil vom 19. Juli 2004 (Urteil v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - Direkt AG, OLG Schleswig-Holstein), das sich mit der Frage von Forderungen aus atypischer Beteiligung auseinandersetzt, verneint werden, soweit die erste Hälfte der Urteilsbegründung greift, allerdings bejaht werden, soweit die zweite Hälfte der Urteilsbegründung einschlägig ist. Nach der zweiten Hälfte der Urteilsbegründung haftet die KG über § 31 BGB für ein Verschulden der Komplementärin. Überdies konnte vom Abwickler eine Überschuldung nur angenommen werden, wenn die Kommanditisten als Gläubiger zu sehen waren. Auf der Geschädigtenversammlung am 21.10.2005 in Kassel wurde aber auch die kluge Auffassung vertreten, es hätte keines Insolvenzverfahrens bedurft, es hätte lediglich abgewickelt werden müssen. Nun: Dieses kann immer noch geschehen. Bei der Distribution der Vermögenswerte unterscheiden sich die Quote und das bilanzielle Auseinandersetzungsguthaben nicht signifikant.

Wie sieht es mit der Anfechtung von Scheingewinnen aus? § 134 InsO ist einschlägig, soweit die Kreditanteile der Investitionen betroffen sind, aber nicht, soweit den Kommanditanteilen Scheingewinne zugeflossen sind. Es greift § 174 Abs. 5 HGB: Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz als Gewinn bezieht, ist in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet. Wer nach sorgfältiger Bilanzanalyse von der Echtheit des Gewinnes überzeugt war, muss Scheingewinne nicht zurückzahlen.

Die Definition von Scheingewinnen entspricht der umgekehrten Formel von der Definition des Schadens: Der Schaden besteht im positiven Saldo von Einzahlungen minus Auszahlungen , der insolvenzrechtlich anfechtbare Scheingewinn besteht im positiven Saldo von Auszahlungen minus Einzahlungen. Daher werden nicht alle Gewinne in voller Höhe betroffen, sondern nur diejenigen, die über die Einzahlung hinausgehen (Rechtsrat: Hiervon betroffene Piloten und Kapitäne könnten von einer Wohnsitzummeldung in den Südjemen profitieren, in schweren Fällen auch von der völkerrechtlichen Einmaligkeit Nordzyperns).

Für Einzahlungen vor 1998 vor der Regulierung der Terminmarktindustrie (also vor der 6. KWG-Novelle zum 01.01.98) greifen bei der Geltendmachung der Ansprüche gegenüber den Insolvenzverwaltern wegen des seinerzeitigen Termin- und Differenzeinwandes nur diejenigen aus den §§ 812 BGB i.V.m. 55 BörsG a.F., 762, 764 BGB a.F. (Wett- und Differenzgeschäfte) durch.

Wegen der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG für die F & P-AG & Co KG gilt die Vorschriftenkette nach dem KWG und nach dem WpHG, wobei § 37 a WpHG hervorzuheben wäre: Für Geschäfte ab dem 01.04.98 gilt für die fahrlässige unerlaubte Handlung die Einrede der Verjährung nach § 37 a WpHG, für zuvor abgeschlossene Verträge nicht.

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Die F & P Aktiengesellschaft ist die Nachfolgerin der 1989 begründeten Warenterminhandelsfirma Freitag & Partner GmbH aus Rotenburg/Wümme, einem Ort zwischen Bremen und Hamburg. Die Betreiber dieser Unternehmung standen vor den Aktivitäten der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG in Kassel teils in Personalunion als Zwischenabwickler in Verbindung mit anderen Untervermittlern dieses Segments und bezeichneten sich in den Prospekten von Freitag & Partner unvergesslich als „Ritter von der Tafelrunde“. Es wird erinnert, dass deren Engagements seinerzeit zum Teil mit mehrjährigen Haftstrafen bedient wurden.

Die F & P AG hätte ab März 1998 eine Genehmigung für die Führung von Bankgeschäften benötigt. Dieses Erfordernis wurde zunächst durch die Ausgabe von Publikumsanteilen umgangen. Von den eingesammelten Anlegergeldern in Form von Kommanditanteilen konnten ca. 10 bis 15 Mio. Euro von der Staatsanwaltschaft Kassel bei der F & P AG sichergestellt werden. Am 30.08.2005 hatte die BaFin eine Abwicklungsanordnung gegen die Gesellschaft erlassen, da sich die Auffassung durchgesetzt hatte, dass sich die Genehmigungspflicht nach § 1 KWG auch auf den Handel mit solchen Kommanditanteilen erstrecke, aus deren Einlagen genehmigungspflichtige „Finanzinstrumente“ an der Börse gehandelt werden würden. Das Insolvenzverfahren wurde vom Abwickler beantragt. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt unter dem Aktenzeichen 5620 Js 33400/05. Ein Vorstandsmitglied befindet sich in Haft.

Der noch 2004 verwendete Prospekt der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG enthielt seit Jahren nicht mehr bestehende Rechtsvorschriften wie z.B. einen so genannten § 89 BörsG (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bei der Ausnutzung der Unerfahrenheit bei Börsentermingeschäften) oder § 53 BörsG (Informationsschrift zur Herstellung der Börsentermingeschäftsfähigkeit).

Schadensfälle aus der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG-Angelegenheit sind an uns von Geschädigten herangetragen worden, die von dem FMK-Vertrieb in Chemnitz ebenfalls in Sachen Phoenix geschädigt wurden. Die Konstellation der Schadensersatzansprüche bei der F & P Aktiengesellschaft & Co. KG unterscheidet sich von der Parallelsache Phoenix hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen unwesentlich, allerdings tritt die EdW (Entschädigungseinrichtung für Wertpapierhandelsunternehmen) vorliegend nicht ein.

Quelle: http://www.anwalt-a.de[/url]
drhc

Beitrag von drhc »

http://www.anlageschutzarchiv.de/

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"Jährlich entsteht in Deutschland durch unseriöse Anlageangebote ein Schaden in Milliardenhöhe. Durch umfassende Informationen hätten sich Anleger in vielen Fällen schützen können.
In unserem Archiv finden Sie mehrere tausend Pressemeldungen und Berichte über Firmen, Anlageangebote und Initiatoren, die in der von uns ausgewählten Fachpresse negativ erwähnt wurden.
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..."
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