Zypern - der erste Testballon ?
Verfasst: 16.03.2013 13:42
Zyprioten stürmen die BankenAktualisiert um 12:23
Die EU-Finanzminister entschlossen in der Nacht, private Anleger an der Abwendung des Staatsbankrotts in Zypern zu beteiligen.
Die Menschen reagieren schockiert, hunderte versuchen ihr Geld von der Bank zu holen.
Schock auf Zypern: Hunderte Menschen versuchten am Morgen ihr Geld von den Banken zu holen. Anlass war die Entscheidung der Eurogruppe, die privaten Geldanleger an der Abwendung eines Staatsbankrotts zu beteiligen.
Es kam zu einem kurzfristigen Ansturm auf Genossenschaftsbanken, die auch am Samstag geöffnet sind. Die Banken hatten jedoch vorgesorgt und den Anteil der Einlagen eingefroren, den ihre Kunden entrichten sollen. Das Onlinesystem der Banken war ausser Betrieb gesetzt.
Später schlossen die wenigen geöffneten Filialen, wie der stellvertretende Präsident der Cooperative Central Bank of Cyprus, Erotokritos Chlorakiotis, im staatlichen Radio sagte.
Zehn Milliarden schweres Hilfspaket
Die Finanzminister der Euro-Staaten und Vertreter des Internationalen Währungsfonds haben sich am frühen Morgen nach fast zehnstündigen Verhandlungen auf ein zehn Milliarden Euro umfassendes Rettungspaket für Zypern verständigt. So kann das Land die Staatspleite abwenden, muss dafür aber seinen Bankensektor reduzieren, Steuern erhöhen und staatliche Unternehmen privatisieren, wie der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, erklärte.
Die Hilfe werde gewährt, um die finanzielle Stabilität Zyperns und der gesamten Eurozone zu erhalten, sage Dijsselbloem. Das Hilfspaket für Zypern ist zwar deutlich kleiner als die Hilfen, die anderen EU-Staaten wie Griechenland oder Irland gewährt wurden, es galt aber als wichtig, um Unruhen auf den Finanzmärkten zu verhindern und das Vertrauen der Investoren in die Eurozone zu erhalten.
Werbung«Wir bestrafen Zypern nicht»
Bei Einlagen unter 100'000 Euro müssen wird für Bankkunden nun eine Abgabe von 6,75 Prozent fällig, bei höheren Summen sind es 9,9 Prozent.
Das soll geschätzte 5,8 Milliarden Euro einbringen, wie Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung ankündigte. «Wir haben die Lastenverteilung sehr sorgfältig geprüft», versicherte der Niederländer. «Wir bestrafen Zypern nicht.» Das Hilfspaket soll ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben. Der Mittelmeerinsel droht ohne die Unterstützung der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Staatspleite.
Die Geldgeber griffen ein, obwohl das Land nur 0,2 Prozent zur Wirtschaftsleistung der Eurozone beiträgt. «Zypern ist systemrelevant für die Eurozone», resümierte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Dies bedeutet, dass eine Staatspleite die gesamte Eurozone gefährden würde. Mehrere andere nationale Parlamente müssen dem Hilfspaket noch zustimmen. Das Paket soll in der zweiten April-Hälfte endgültig unter Dach und Fach gebracht werden.
Überdimensioniertes Bankensystem
Die einmalige Belastung der Bankkunden sei als ausserordentliche Massnahme nötig, weil das zypriotissche Banksystem gemessen an der gesamten Wirtschaft überdimensioniert sei, hiess es. Die Abgabe soll sowohl für in Zypern ansässige als auch für ausländische Bankkunden gelten.
Sie können der sogenannten Solidaritätsabgabe nicht mehr entgehen: Der fällige Betrag werde ab sofort auf den Konten eingefroren, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen nach rund zehnstündigen Marathonverhandlungen.
«Bevor die Banken wieder öffnen, wird die Abgabe abgezogen. Der Rest des Geldes ist frei verfügbar», sagte Asmussen. Verantwortlich für das Verfahren seien die Zyprer. Er betonte, ein solche Vorgehen drohe in anderen Krisenländern des Kontinents nicht.
Vorwurf: Schwarzgeld
Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer Kontoinhaber - vor allem reicher Russen und Briten. Seit längerem halten sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies. Die Mittelmeerinsel ist zweitgrösster Auslandsinvestor in Russland.
Zypern ist nach Griechenland, Portugal, Irland das vierte Land, dass ein Vollprogramm aus dem europäischen Rettungsschirm bekommt. Spanien erhält Milliardenhilfen nur für seine maroden Banken.
Die von einer schweren Bankenkrise erschütterte Mittelmeerinsel hatte schon im vergangenen Juni ein Hilfsgesuch in Brüssel vorgelegt.
Bis vor kurzem war ein Volumen von rund 17,5 Milliarden Euro genannt worden. Mit welchem Volumen sich der IWF beteiligt, ist noch offen, sagte die Chefin des Fonds, Christine Lagarde.
Als Teil der Massnahmen wird die Unternehmenssteuer in Zypern von 10 auf 12,5 Prozent angehoben. Einen Schuldenschnitt soll es nicht geben. Russland stellte die Verlängerung eines Kredits an Zypern in Aussicht.
Die Euro-Kassenhüter beschlossen auch, den Krisenländer Portugal und Irland verlängerte Laufzeiten für ihre Rettungskredite zuzubilligen. Damit bekommen Lissabon und Dublin mehr Zeit, ihre Darlehen aus dem europäischen Rettungsschirm EFSF zurückzuzahlen. Details werden im kommenden Monat geklärt.
(kle/sda)
Erstellt: 16.03.2013, 09:57 Uhr
Die EU-Finanzminister entschlossen in der Nacht, private Anleger an der Abwendung des Staatsbankrotts in Zypern zu beteiligen.
Die Menschen reagieren schockiert, hunderte versuchen ihr Geld von der Bank zu holen.
Schock auf Zypern: Hunderte Menschen versuchten am Morgen ihr Geld von den Banken zu holen. Anlass war die Entscheidung der Eurogruppe, die privaten Geldanleger an der Abwendung eines Staatsbankrotts zu beteiligen.
Es kam zu einem kurzfristigen Ansturm auf Genossenschaftsbanken, die auch am Samstag geöffnet sind. Die Banken hatten jedoch vorgesorgt und den Anteil der Einlagen eingefroren, den ihre Kunden entrichten sollen. Das Onlinesystem der Banken war ausser Betrieb gesetzt.
Später schlossen die wenigen geöffneten Filialen, wie der stellvertretende Präsident der Cooperative Central Bank of Cyprus, Erotokritos Chlorakiotis, im staatlichen Radio sagte.
Zehn Milliarden schweres Hilfspaket
Die Finanzminister der Euro-Staaten und Vertreter des Internationalen Währungsfonds haben sich am frühen Morgen nach fast zehnstündigen Verhandlungen auf ein zehn Milliarden Euro umfassendes Rettungspaket für Zypern verständigt. So kann das Land die Staatspleite abwenden, muss dafür aber seinen Bankensektor reduzieren, Steuern erhöhen und staatliche Unternehmen privatisieren, wie der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, erklärte.
Die Hilfe werde gewährt, um die finanzielle Stabilität Zyperns und der gesamten Eurozone zu erhalten, sage Dijsselbloem. Das Hilfspaket für Zypern ist zwar deutlich kleiner als die Hilfen, die anderen EU-Staaten wie Griechenland oder Irland gewährt wurden, es galt aber als wichtig, um Unruhen auf den Finanzmärkten zu verhindern und das Vertrauen der Investoren in die Eurozone zu erhalten.
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Bei Einlagen unter 100'000 Euro müssen wird für Bankkunden nun eine Abgabe von 6,75 Prozent fällig, bei höheren Summen sind es 9,9 Prozent.
Das soll geschätzte 5,8 Milliarden Euro einbringen, wie Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung ankündigte. «Wir haben die Lastenverteilung sehr sorgfältig geprüft», versicherte der Niederländer. «Wir bestrafen Zypern nicht.» Das Hilfspaket soll ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben. Der Mittelmeerinsel droht ohne die Unterstützung der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Staatspleite.
Die Geldgeber griffen ein, obwohl das Land nur 0,2 Prozent zur Wirtschaftsleistung der Eurozone beiträgt. «Zypern ist systemrelevant für die Eurozone», resümierte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Dies bedeutet, dass eine Staatspleite die gesamte Eurozone gefährden würde. Mehrere andere nationale Parlamente müssen dem Hilfspaket noch zustimmen. Das Paket soll in der zweiten April-Hälfte endgültig unter Dach und Fach gebracht werden.
Überdimensioniertes Bankensystem
Die einmalige Belastung der Bankkunden sei als ausserordentliche Massnahme nötig, weil das zypriotissche Banksystem gemessen an der gesamten Wirtschaft überdimensioniert sei, hiess es. Die Abgabe soll sowohl für in Zypern ansässige als auch für ausländische Bankkunden gelten.
Sie können der sogenannten Solidaritätsabgabe nicht mehr entgehen: Der fällige Betrag werde ab sofort auf den Konten eingefroren, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen nach rund zehnstündigen Marathonverhandlungen.
«Bevor die Banken wieder öffnen, wird die Abgabe abgezogen. Der Rest des Geldes ist frei verfügbar», sagte Asmussen. Verantwortlich für das Verfahren seien die Zyprer. Er betonte, ein solche Vorgehen drohe in anderen Krisenländern des Kontinents nicht.
Vorwurf: Schwarzgeld
Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer Kontoinhaber - vor allem reicher Russen und Briten. Seit längerem halten sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies. Die Mittelmeerinsel ist zweitgrösster Auslandsinvestor in Russland.
Zypern ist nach Griechenland, Portugal, Irland das vierte Land, dass ein Vollprogramm aus dem europäischen Rettungsschirm bekommt. Spanien erhält Milliardenhilfen nur für seine maroden Banken.
Die von einer schweren Bankenkrise erschütterte Mittelmeerinsel hatte schon im vergangenen Juni ein Hilfsgesuch in Brüssel vorgelegt.
Bis vor kurzem war ein Volumen von rund 17,5 Milliarden Euro genannt worden. Mit welchem Volumen sich der IWF beteiligt, ist noch offen, sagte die Chefin des Fonds, Christine Lagarde.
Als Teil der Massnahmen wird die Unternehmenssteuer in Zypern von 10 auf 12,5 Prozent angehoben. Einen Schuldenschnitt soll es nicht geben. Russland stellte die Verlängerung eines Kredits an Zypern in Aussicht.
Die Euro-Kassenhüter beschlossen auch, den Krisenländer Portugal und Irland verlängerte Laufzeiten für ihre Rettungskredite zuzubilligen. Damit bekommen Lissabon und Dublin mehr Zeit, ihre Darlehen aus dem europäischen Rettungsschirm EFSF zurückzuzahlen. Details werden im kommenden Monat geklärt.
(kle/sda)
Erstellt: 16.03.2013, 09:57 Uhr