von oegeat » 16.11.2006 19:57
Immobilien
US-Preisverfall lockt Spekulanten
von Richard Haimann
Die Blase scheint geplatzt: Der Wertverfall am US-Eigenheimmarkt beschleunigt sich. Mutige Anleger können mit Optionsscheinen von diesem Einbruch profitieren.
Nach der jüngsten Erhebung des US-Wirtschaftsministeriums lagen die Preise für neue Einfamilienhäuser im September 9,7 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Die Zahl verkaufter neuer und bestehender Eigenheime liegt nach Angaben der Maklervereinigung National Association of Realtors 15 Prozent unter dem Vorjahreswert. Experten gehen davon aus, dass sich der Trend fortsetzen und die US-Konjunktur im kommenden Jahr kräftig unter Druck geraten wird. Mit Put-Optionsscheinen können wagemutige Anleger das Krisenszenario gewinnträchtig spielen.
Ein Put berechtigt seinen Besitzer, eine Aktie in der Zukunft zu einem vorher vereinbarten Preis zu verkaufen, egal wie weit der Kurs des Basiswerts in der Zwischenzeit gesunken ist. Deshalb steigen die Preise dieser Scheine, wenn der Aktienkurs des Basiswerts fällt. Allerdings ist die Spekulation nicht ohne Risiko: Die Papiere verfallen am Ende der Laufzeit wertlos, wenn die Aktienkurse oberhalb des zugrunde gelegten Basispreises notieren. UBS-Analystin Margaret Whelan erwartet, dass vor allem Aktien von Baumarktketten und Werkzeugherstellern unter Druck geraten werden. Als gefährdet gelten auch die Papiere der Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac.
Anhaltender Preisverfall für 2007 erwartet
Diesen Artikel jetzt anhören Sieben Jahre lang kannten die Preise am US-Eigenheimmarkt nur eine Richtung: nach oben. Von 1999 bis zu Beginn dieses Jahres verteuerten sich Einfamilienhäuser und Apartments an der Ost- und Westküste sowie in Arizona, Florida und New Mexico um teilweise mehr als 130 Prozent. Getrieben wurde der Boom von den Leitzinssenkungen nach dem Platzen der Aktienblase nach der Jahrtausendwende. Seit die US-Notenbank die Zinsen wieder angehoben hat, können sich jedoch immer weniger Familien ein eigenes Heim leisten.
UBS-Chefökonom Maury Harris erwartet, dass die Preise 2007 um weitere zehn Prozent fallen werden: "Deshalb wird die US-Wirtschaft im nächsten Jahr nur um 2,0 bis 2,2 Prozent wachsen." In den vergangenen Jahren nutzten Millionen von US-Grundeigentümern die Wertsteigerung ihrer Eigenheime, um immer höhere Hypotheken auf die Gebäude aufzunehmen und das Geld zu verbrauchen. "Durch diese Refinanzierungen der Hypotheken konnte die US-Wirtschaft trotz des Preisanstiegs am Rohölmarkt weiter wachsen", sagt David Rosenberg, Chefökonom für Nordamerika bei Merrill Lynch. Allein 2005 sei durch die Aufnahme neuer Hypotheken die Kaufkraft der US-Verbraucher um stattliche 450 Mrd. $ gestiegen, sagt Gary Gordon, Vizevorstandschef der US-Investmentgesellschaft Annaly Capital.
Doch mit dem Preisverfall kehrt sich die Situation nun ins Gegenteil: Banken reduzieren die Wertansätze der mit Hypothekendarlehen beliehenen Immobilien und zwingen Kreditnehmer, zusätzliche Sicherheiten zu stellen - oder die Objekte zu verkaufen. Letzteres würde die Abwärtsspirale weiter verschärfen.
USA steuern auf Rezession zu
Ausgewählte Put-Optionsscheine auf US-AktienGordon erwartet, dass die Entwicklung den US-Konsumenten 2007 einen Kaufkraftverlust von bis zu 300 Mrd. $ bescheren wird: "Die USA steuern auf eine Rezession zu", prophezeit Gordon. US-Eigenheimproduzenten sind bereits mächtig unter Druck. Die Baufirma Toll Brothers verzeichnete im jüngsten Quartal einen Umsatzrückgang von zehn Prozent. Der Auftragseingang für künftige Bauvorhaben ist um 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen. "Niemand will heute ein Haus kaufen, weil alle denken, dass die Preise morgen noch niedriger sein werden", sagt Vorstandschef Robert Toll.
Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums wurden im Oktober bereits 26.000 Beschäftigte im Eigenheimsektor entlassen. Steve Murray, Herausgeber des Branchenreports "Real Trends", erwartet, dass in nächster Zeit mindestens 200.000 weitere Arbeitnehmer ihre Jobs verlieren werden - darunter auch hoch qualifizierte Beschäftigte im Makler- und Bankensektor.
Treffen die düsteren Prognosen zu, könnten die Aktienmärkte in den USA kräftig unter Druck geraten - aber auch die deutschen Börsen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts entfallen rund zehn Prozent des gesamten Warenwerts aller Exporte auf die USA.