Reisenotizen und Reisetagebuch aus Suedamerika.
Das vierte Reisejahr
Reisekarte
Hier der Text als kompletes Word-Dokument zum Download:
Text-Download
Teil 1
13.7.2009 Buenos-Aires (Karte Nr 1) Seit vier Tagen wieder in Buenos Aires. Auf der Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen durch die Außenbezirke der Riesenmetropole braucht es nur wenige Kilometer, um zu spüren: Das ist nicht mehr Deutschland. Denn um rund um den weltstädtisch anmutenden Innenstadtbereich wuchert die Stadt gerade im ärmeren Südwesten wie eine Krake immer weiter in die Pampa hinaus. Hier ist Schluss mit der aufgeräumten Ordnung und übertriebenen klinischen Sauberkeit deutscher Städte. Als wir nach einigen Besorgungen in den Außenbezirken der Stadt beschließen, auf „Entdeckungstour“ zu gehen, indem wir das Zentrum unter Nichtbeachtung von Hinweisschildern einfach per Kompasspfeil ansteuern, erleben wir ein Buenos Aires, dass uns teilweise die Sprache verschlägt. Es dürften Luftlinie vielleicht 25 km bis zum Zentrum sein, als wir von der vierspurigen Schnellstraße in irgendeine beliebige Seitenstraße abbiegen. Von nun an geht es über teilweise schlaglochübersäte Straßen durch eine buntgewürfelte Ansammlung von Vierteln und Häusern, von denen man oft beim besten Willen nicht hätte angeben können, ob sie zu einem Dorf, einer Stadt oder einem Stadtteil gehören. Ziemlich ärmlich aussehende Viertel mit staubigen, nicht asphaltierten Seitenstrassen und einstöckigen, heruntergekommenen Häusern wechseln sich ab mit biedermännisch aufgeräumt wirkenden Wohngegenden. Da wo wir lang kurven, gibt es keine durchgehenden großen Ausfallstraßen mehr, an denen wir uns aufgrund der Richtung der Straße orientieren könnten. Jede größere Straße verliert sich nach kurzer Zeit im Häusergewirr irgendeines neuen Viertels. Auf einmal ist die Straße gesperrt, ein Umleitungsschild weist nach recht. Sprachlos registrieren wir, wie die Gegend immer trostloser und heruntergekommener wird. Rechts und links türmen sich stinkende und qualmende Abfallberge, in denen zerlumpte Gestalten im Müll wühlen. Fassungslos registrieren wir, dass uns die Kompassnadel mitten in ein gigantisches Slumviertel gelotst hat. Der Blick in die staubigen und verdreckten Seitenwege rechts und links offenbart windschiefe notdürftig zusammengeschusterte Bretterhütten bis zum Horizont. Da müssen ja Zehntausende hausen! Uns verschlägt es die Sprache! Obwohl es helllichter Tag ist, ist uns beim Anblick dieses Elends nicht sehr wohl in unserer Haut. Kilometerweit bahnt sich die Straße ihren Weg durch dieses Bretterelend. Dann können wir endlich nach links abbiegen und nur landen wenig später und nur wenige Hundert Meter von dieser Favela entfernt endlich in einem Viertel, in dem alles wieder nach „Heile Welt“ aussieht. Welch ein Kontrast auf engstem Raum und wie viele soziale Lichtjahre von hier zu den pompösen Luxusvillen der Superreichen, die sich am anderen Ende der Stadt Richtung Norden entlang des Rio de la Plata hinter hohen Mauern und in prächtigen Gartenanlagen ausdehnen. Selbst mit Lichtgeschwindigkeit lässt sich eine solche gewaltige soziale Kluft nicht mehr kitten. Wie hält diese argentinische Gesellschaft diesen Spannungsbogen bloß aus?
So kurven wir bestimmt über zwei Stunden durch die Vorstädte, bis wir endlich in einem Bezirk landen, der wieder dem Stadtbild der touristischen Werbeprospekte von Buenos Aires, nämlich dem einer Weltmetropole entspricht. „Buenos Aires ist atemberaubend hässlich“ schrieb einst der Schriftsteller Jorge Luis Borges, worauf ihm der Archiktekt Jose-Maria Pena antwortete: „Fakt ist, das Jorges blind war“. Das sagt wohl mehr als 1000 Worte aus, welch einen atemberaubend vielfältigen Kosmos diese Metropole bildet.Einige nackte Zahlen:
2,8 Millionen Einwohner in der eigentlichen Stadt Buenos Aires, 12 Millionen im Großraum der Hauptstadt, den quadritischen Grundriss der eigentlichen Stadt bilden über 100.000 Straßenblocks, bei einer Gesamtausdehnung von über 70 km endet als längste Straße der Stadt, die Avenida Rivadavia erst nach 35 km bei der Hausnummer 16.000, 18000 Autobusse, 40.000 Taxis, 25000 Rinder werden wöchentlich geschlachtet, um als Asado auf Hunderttausenden von Grills zu landen, die Stadt zählt über 1500 Tennisplätze und mehr als 40.000 Swimmingpools in den Gärten luxuriöser Villen – gleichzeitig lebt jeder zweite!! Einwohner im Großraum der Stadt unterhalb der Armutsgrenze...........
So wie das Stadtbild von Buenos Aires in der Gesamtschau sich vom Bild deutscher Städte krass unterscheidet, so anders ist „irgendwie“ auch das Verhalten der Menschen. Da ist auf der einen Seite die viel größere Ruhe und Gelassenheit der Menschen im Umgang miteinander und beim Bewältigen ihres Alltags, da ist auf der anderen Seite oft ein nicht zu übersehende Nachlässigkeit oder auch Unbeholfenheit beim Erledigen von Arbeiten, was sich an vielen kleinen Beispielen im Alltag immer wieder zeigt. Immer wieder mal kommt es zu kuriosen kleinen Zwischenfällen.
Der Vorfall bei der Fahrradvermietung:: Wir wollen ein Paar Fahrräder mieten, um die Stadt etwas großräumiger als zu Fuß zu erkunden. und halten an einem mobilen Fahrradverleih, der ein paar Bikes von der Ladefläche seines LKW vermietet. Neben Vermietung wirbt der Besitzer mit „Fahrradreparaturen „ und tatsächlich hat er auf der Ladefläche eine komplett ausgerüstete Fahrradwerkstatt. Doch die zu mietenden Fahrräder spotten in technischer Hinsicht jeder Beschreibung: Fahrrad „pur“ könnte man sagen: Ein Rahmen mit 2 Reifen, das ist alles. Das Gangschaltung und Beleuchtung fehlen ist nicht bedeutsam, sehr wohl aber das Fehlen funktionierender Bremsen. Wir probieren ein paar Räder, überall das gleiche Problem. Auf unseren Hinweis, dass die Bremsen defekt sind, zeigt der Vermieter auf die Handbremsbetätigung: Wieso, einfach nur hier drücken....er versteht den Sinn unserer Frage überhaupt nicht. Das ist typisch südamerikanisch. Warum am „Betriebskapital, den Fahrrädern, irgendetwas warten, wenn die Dinger auch ohne die Mühsal von Arbeit Geld einbringen. Wir sind zwar skeptisch, mieten die Dinger aber trotzdem, denn es ist Sonntag, die Straßen sind leer und verkehrsarm. Zum Glück hab ich vor einiger Zeit Guareschis „Don Camillo und Peppone“ gelesen und beherrsche trotz der fehlenden Bremsen zumindest in der Theorie die dort beschriebene „amerikanische Bremstechnik“, „das ist ein besonderer Trick, der darin besteht, dass man vom Sitz rückwärts abspringt und sich rittlings auf das Hinterrad setzt.“.
Der Vorfall an der Gasstation: Wir wollen die Gasflaschen nachfüllen lassen. Mit der Gasstation in Buenos Aires, die wir ansteuern, hatten wir vor einem Jahr bereits eine ungute Erfahrung gemacht, als die Jungs in unsere 11 KG-Flaschen über 20 Kilo knallten, was wir erst Tage später merkten, als wir an den ersten heißen Tagen beim Fahren auf einen intensiven Gasgeruch aufmerksam wurden, da auf einmal Gas aus den Überdruckventilen austrat. Diesmal haben wir uns eine Personenwaage besorgt und wiegen die Flasche: es fehlen 5 Kilo in der 11 Kilo-Flasche; zusammen mit dem Eigengewicht der Flasche von 10 Kilo darf die gefüllte Flasche maximal 21 Kilo wiegen. Wir steuern die Füllstation an und erteilen den Auftrag, die Flasche mit maximal 5 Kilo PropanGas aufzufüllen. Einige Minuten später bekommen wir die Flasche zurück mit der Bemerkung, es wurden 6 ! Kilo reingefüllt..... Egal, die Flasche rauf auf die Waage: 25,8 Kilo, also knapp 5 Kilo zuviel, das kann nicht wahr sein, denk ich mir und gebe die Flasche zurück mit dem Auftrag, das zuviel eingefüllte Gas wieder abzulassen. Brav trottet der Mitarbeiter mit der Flasche von dannen. Als wir sie zurückbekommen, wiegt die Flasche auf einmal nur noch 19,5 Kilo, also 1,5 Kilo zuwenig. Es ist eigentlich nicht zu glauben, was treiben die eigentlich da drin beim Befüllen von Gasflaschen, denk ich mir und erinnere mich zugleich an die häufigen „kleinen“ Nachlässigkeiten in Autowerkstätten verschiedener anderer Länder in Südamerika, die zu schwerwiegenden Schäden hätten führen können, wenn ich sie nicht rechtzeitig bemerkt hätte.
Der Vorfall an der Kasse in einem x-beliebigen Supermarkt: Dass das Anstehen das den Kassen größerer Supermärkte oft ein langwieriges Geduldspiel ist, daran haben wir uns mit den Jahren in Südamerika inzwischen längst gewöhnt. Die Langsamkeit der Kassierer/innen beim Einscannen der Waren ist immer wieder erstaunlich. Für uns ist es jedes mal ein Kulturschock, wenn wir nach einiger Zeit in Südamerika mal wieder in Deutschland an der Kasse einer Lidl oder Aldi-Filiale stehen. Jede südamerikanische Kassiererin würde hier allein beim Zuschauen einen finalen Herzinfarkt bekommen. Die südamerikanische Lebensart lernt man am besten beim Anstehen an den Kassen großer Supermärkte. Wie heißt es so schön in der Fernsehwerbung: „Das dauert, bis dass der Arzt kommt“, doch dabei gilt gleichzeitig: Immer schön locker und relaxt bleiben, keine Ungeduld oder gar Gereiztheit anmerken lassen. Ist man dann endlich beim Bezahlen angelangt, wird beim Einsatz der Kreditkarte meistens ein Identitätsnachweis verlangt; das darf dann durchaus die Kopie des Reisepasses sein.
So ist es auch diesmal, allerdings mit dem Unterschied: die junge Kassererin akzeptiert die Kopie nicht, verlangt ein Original; das liegt im Auto. Also läuft Silvia los, während ich dem hinter mir mit einem sehr voll bepackten Einkaufswagen wartenden Argentinier signalisiere: Das dauert jetzt! Ihn kümmert es nicht. Geduldig steht er hinter uns an, ohne eine Miene zu verziehen. Endlich ist der Reisepass da. Die junge Frau schaut sich das Teil verständnislos an und erklärt uns, dieses Dokument könne sie nicht akzeptieren, sie benötige eine gültige Identitätskarte des Handys. Wir schauen uns an: Wo sind wir denn jetzt hier gelandet, sind wir etwa die ersten Nicht-Argentinier, die hier im Supermarkt einkaufen gehen? Jetzt mischt sich auch der wartende Argentinier in die Diskussion ein: „Ja sehen Sie denn nicht, dass das hier Ausländer sind, die haben so eine Karte gar nicht, das da ist ihr offizieller Reisepass, der sie legitimiert.“ Die Kassiererin ist hilflos. Sie klingelt nach ihrer Vorgesetzten. Wieder vergehen endlose Minuten. Endlich ist die Chefin da, doch statt den Namen im Pass mit dem auf der Kreditkarte zu vergleichen, blättert und blättert sie die Seiten durch. Ja Himmel, Sakr... was sucht die eigentlich. Unglaublich: Sie sucht den offiziellen Einreisestempel der argentinischen Polizei. Erst dann ist sie zufrieden und die Kreditkarte wird akzeptiert. Inzwischen sind bestimmt mehr als 20 Minuten vergangen. Während der Argentinier hinter uns immer noch mit unbewegter Mine geduldig ansteht und wartet, bin ich inzwischen recht gereizt und ungeduldig geworden. Ja, es ist doch ein langer und schwerer Weg, ein echter Südamerikaner zu werden......
15.7.2009 Unterwegs nach Norden. Gerade habe ich ein Seglerbuch zuende gelesen, dass wir in Deutschland von begeisterten Seglern geschenkt bekommen habe. „Vom Alltag in die Südsee“ von Rüdiger Hirsche und Gaby Kinsberger beschreibt den mehrjährigen Ausstieg eines Ehepaares aus dem deutschen Berufsleben und ihre insgesamt sechsjährige Weltumseglung. Die Schilderung ihrer Erlebnisse bei der Rückkehr nach Deutschland nach 6 Jahren zeigt sehr schön das persönliche Spannungsfeld auf, dass sich für jeden ergibt, der sich längere Zeit aus seinem eigenen Kulturkreis verabschiedet. Das Gefühl der Fremdheit im eigenen Land kennen wir ebenso aus eigener Erfahrung wie das Phänomen, dass wir bei Treffen mit Freunden eigentlich immer nur sehr wenig über die eigene Reise erzählen.
„....Ein Film läuft nach 6 Jahren rückwärts. Rüdigers Mutter erwartet uns in ihrem Häuschen. Die kleine Wohnung im Obergeschoss ist termingerecht frei geworden, auf dem Dachboden lagert unsere Habe in Kisten: auspacken, einrichten, einräumen, Telefon anmelden, Strom anmelden, Auto anmelden, anmelden, anmelden, anmelden... Bürokratie gibt es überall auf der Welt, aber der deutsche Amtschimmel hat seine besondere Reize. Rüdiger wird mit einem hochoffiziellen Schreiben aufgefordert, sich beim Amtsarzt vorzustellen, denn wer länger als über die Sommerferien außer Landes war, stellt eine große Gefahr für die Kinder da. Allerdings auch wieder nicht, denn Gabi jedenfalls bleibt unbehelligt. Rüdiger erscheint pünktlich um 9Uhr15 beim Gesundheitsamt: „Haben Sie das Schreiben vom Schulamt mit? Nein? Dann können wir Sie leider nicht untersuchen...“.
Nächste Station Standesamt: „Die Heiratsurkunde aus Fitschi können wir nur anerkennen, wenn sie von einem staatlich vereidigten Übersetzer übersetzt ist“, klärt uns die junge Standesbeamtin auf. Die Worte “Fathers name, mothers name, date of birth“ sind ja auch wirklich schwer zu übersetzen...Das bedeutet Termine, Paperkrieg, Gebühren: „Können wir hier nicht einfach noch einmal heiraten?“ schlagen wir vor. „Damit mache Sie sich strafbar, das ist Bigamie“ werden wir belehrt. Rüdiger ist ratlos: „Ja, sind wir denn jetzt verheiratet oder nicht?“.
So betrachten wir die ersten Wochen alles staunend, mal mit Entzücken, mal mit Skepsis und fühlen uns manchmal wie Touristen im eigenen Land. Alles ist so ungewohnt ordentlich und geregelt. Vorbei sind die Zeiten, als wir weder Uhrzeit noch Datum kannten.
Dass der nächste Tag ein Donnerstag ist, merkt man am Vorabend daran, dass wie von Geisterhand pünktlich um 18 Uhr die Mülltonnen vor den Häusern stehen. Den Samstag erkennt man daran, dass überall die Gehsteige mit Besen und Handfeger bearbeitet werden, so gründlich, dass kein Fussel eine Chance hat.
Natürlich hat es Vorteile, wenn alles zuverlässig funktioniert, Termine und Öffnungszeiten eingehalten werden, die Straßenbahn auf die Minute pünktlich kommt. Aber warum wirken die Menschen dabei so gehetzt und gereizt? Schmerzlich vermissen wir die Heiterkeit und Gelassenheit, mit der man anderswo das Alltagschaos meistert, das Lächeln, mit dem man sich begegnet.
Unsere Wohnung ist klein gemessen an der, die wir vor der Reise lange Jahre bewohnt hatten, jetzt aber staunen wir über den vielen Platz, den wir im Vergleich zum Salon auf dem Boot hier haben. Und Rüdiger wundert sich, dass er ganz in Gedanken mit dem rechten Fuß zu pumpen beginnt und der Wasserhahn nicht wie gewohnt reagiert.
Wie bequem ist das Leben hier zu Hause an Land: Aus den Hähnen fließt unbegrenzt heißes Wasser. Das Wäschewaschen, unterwegs oft ein kräftezehrendes Tagesprogramm, reduziert sich auf einen Knopfdruck. Abends ist die Wohnung hell erleuchtet, im Kühlschrank lagern Köstlichkeiten wie frische Milch, Butter und Joghurt. Insgesamt dauert es nicht allzu lange, bis wir uns auf die neue Situation eingestellt haben. Und es macht Spaß, so schnell wie möglich das nachzuholen, was wir während unserer sechsjährigen Abwesenheit verpasst haben. Rüdiger interessiert sich sehr für das inzwischen zur Normalität gewordene Satellitenfernsehen. Nicht wegen Verona Feldbusch oder den Spice Girls, sondern um die neue Technik auszuprobieren. Ein Sat-Receiver samt Schüssel wird im Baumarkt erstanden, der alte Fernseher vom Dachboden geholt und los kann es gehen, das Zappen über 500 Kanäle. Aber was ist das? Schon am Mittag Talkshows, in denen man sich anpöbelt, Blödel-Nonsens, Mord- und Todschlag auf allen Kanälen. In welchem Film sind wir hier eigentlich gelandet? Nach 3 Tagen ist die Neugier gestillt und der ganze Kram wandert wieder auf den Dachboden. Wirklich begeistert sind wir dagegen vom Internet. Jeden Abend sehen wir in unsere Mailbox, die alle Segler verbindet. Björn und Birgit berichten aus Australien, das sie bereit sind für den Start Richtung Papua-Neuguinea, Sampo war gerade beim Custom Dance in Vanuatu, Susan aus den USA entdeckt den exotischen Kontinent Europa. So vergehen die ersten Tage wie im Fluge und der Ernst der Lage wird uns nur langsam bewusst. Aber dann sind die Schulferien zu Ende, am letzten Abend haben wir beide Lampenfieber wie vor einer Prüfung. Rüdiger kehrt an seine alte Schule zurück und wird nach 6 Jahren seine Kollegen wiedersehen, mit denen er 20 Jahre zusammengearbeitet hat. Wie werden sie ihn aufnehmen, wie werden die Schüler in einer völlig veränderten Welt sein? In der Physiksammlung ist nach 6 Jahren alles beim Alten. Auf dem Schreibtisch harrt unter einer dicken Staubschicht geduldig Rüdigers Bücherstapel, der für die Nachfolger bestimmt war, gänzlich unberührt vom Lauf der Jahre.
Herzliche Begrüßung durch die Kollegen. „Na, seid ihr wieder da? Wie lange warst du weg? Waren doch mindestens 3 Jahre.“ Wie wars denn so? Musst du mir unbedingt mal in Ruhe erzählen, ich muss jetzt aber ganz schnell zum Sekretariat....“
Von nun an gehen die Uhren wieder anders. Der bis auf die Minute durchgeplante Alltag lässt keine Zeit für spontane Begegnungen. Und das subjektive Zeitempfinden lässt die 6 Jahre, die uns wie ein Leben vorkamen, für die Kollegen auf kurze 3 Jahre schrumpfen. Einstein lässt grüßen....
Auch das Wiederseen mit unseren Freunden verläuft erstaunlich normal. Einige haben inzwischen Karriere gemacht. Schicke Kleidung, teure Brillen, Wohneigentum, auf den ersten Blick trennen uns Welten. Gabis Freundin Andrea berichtet vom Gomera-Urlaub. „Da saßen so ein paar Aussteiger am Nebentisch, die wussten nicht mal, was der Nasdaq ist...“ Wir schauen uns an. „Der was bitte?“ Erst da wird Andrea bewusst, dass auch wir nicht so ganz in ihrer Welt leben.
Auffallend ist, wie wenige, meist nur oberflächliche Fragen zu unserer Reise gestellt werden. Und dann ist man sofort wieder bei einem aktuellen Thema des Alltags oder bei der nächsten eigenen Ferienreise. Der wahrscheinlichste Grund ist wohl der: Wer das Seglerleben nicht kennt, kann eben keine anderen Fragen stellen als „Hattet ihr auch mal Sturm?“ oder „Ankert ihr eigentlich nachts auf dem Meer?“. Vielleicht liegt es auch an uns. Vielleicht müssten wir mehr von uns aus erzählen. Aber wir wollen weder angeben noch Neid erregen, auch wenn die Werbung uns täglich versichert, dass der Neid des Nachbarn zum Lebensglück gehört.
So sind wir also wieder Rädchen im Getriebe und funktionieren äußerlich reibungslos. Und trotzdem: Die Reise hat uns innerlich verändert. Die Eindrücke und Erfahrungen setzen ein Fragezeichen hinter vieles, was früher selbstverständlich war. Andere, die mit uns unterwegs waren, bestätigen das. Jedem von ihnen gelingt es erstaunlich gut, wieder einzusteigen, aber das Gefühl der Fremdheit im eigenen Land ist der Peis, den wir alle zahlen müssen........“
19.7.2009 Formosa/Nordargentinien (Karte Nr 2) Seit einer Woche sind wir wieder unterwegs. Auf dem Weg zu unserem ersten Ziel im paraguayischen Chaco haben wir das Grenzgebiet Argentinien/Paraguay erreicht. Die Reise beginnt entspannt und relaxt. Aufgrund unserer schlechten Erfahrungen mit den zahlreichen korrupten Polizeikontrollen in den nördlichen Bundesstaaten Entre Rios und Corrientes , wo diese Kontrollen fast flächendeckend an allen größeren Überland-Kreuzungen stattfinden, wählen wir eine Alternativroute, die uns immer am westlichen Ufer des Rio Parana entlang durch die Bundesstaaten Santa Fe, Formosa und Chaco führt. Eine gute Entscheidung. Keine einzige Polizeikontrolle auf dem langen Weg von 1500 km, die uns mit der gezielten Suche nach irgendwelchen vermeintlichen technischen Mängeln am Fahrzeug belästigt, um danach völlig überzogene Bußgelder zu kassieren. Statt dessen weite Pampa-Landschaft, die mit jedem Kilometer nach Norden allmählich in die Buschlandschaft des Chaco übergeht. Wir wählen kleine Nebenstraßen und auch –pisten, die durch eine weite und immer dünner besiedelte Landschaft führen. Die kleinen Landstädtchen wirken verschlafen und sind zur mittäglichen Siesta, die immerhin bis 16 Uhr oder auch 16 Uhr 30 dauert, völlig ausgestorben. Laut Reiseführer leben hier oben an der Grenze zu Paraguay auf einer Fläche von der halben Größe von Deutschland gerade einmal 1,4 Millionen Menschen; da bleibt viel Luft zum Atmen. In der Weite der Landschaft sind nicht die Menschen das bildprägende Element, sondern die unglaubliche Anzahl der vielen Vögel, die hier noch ein intaktes Lebensumfeld vorfinden. Wir fahren sehr langsam und lassen uns treiben.
Apropos korrupte Polizeikontrollen. Seit ich Wolfgang Fleischhauers auf Tatsachen beruhenden Roman „3 Minuten mit der Wirklichkeit“ gelesen habe, muss ich jetzt beim Reisen in Argentinien immer daran denken, dass nicht nur in Chile unter General Pinochet in den 1970er Jahren, sondern auch in Argentinien zur gleichen Zeit eine der schlimmsten Militärdiktaturen der jüngeren Vergangenheit geherrscht hat. Das Buch bringt es auf den Nenner: Argentinien darf sich rühmen, im Katalog der entsetzlichsten Teufeleien, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, ein eigenes Kapitel beigesteuert zu haben: los desaparecidos, die Verschwundenen.
Um die Welt vor einer angeblichen kommunistischen Verschwörung zu schützen, gründeten am Rande der Legalität operierende Geheimdienstbürokraten der verschiedenen lateinamerikanischen Länder mit Militärregierungen in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen CIA die geheime Operation Condor. In einem Vorort der paraguayischen Hauptstadt Asuncion wurde zu diesem Zweck mit Wissen des damaligen paraguayischen Diktators Stroessner eine Schaltzentrale für die Vorbereitung von Staatsstreichen in Südamerika und auch für Mordkomplotte gegen unliebsame Politiker und Oppositionelle eingerichtet.
Intern wurden die geheim gehaltenen Aktivitäten mit der Ausschaltung von Regimegegnern sowie als Kampf gegen internationale terroristische Elemente begründet. Dabei setzten die Geheimdienste ihre Agenten auf die Spur von Gegnern der Militärregime, linken Politikern, Priestern, Gewerkschaftern, Oppositionellen sowie Vertretern von Menschenrechtsorganisationen. Die Opfer wurden in der Regel ohne Begründung oder gerichtliche Grundlage verhaftet oder verschleppt. Weil sie auf diese Weise oft einfach „verschwanden" und nie mehr auftauchten, entstand in den betroffenen Ländern der Begriff Desaparecidos (span. die Verschwundenen). Die Rolle des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA ist bis heute umstritten, aufgetauchte Dokumente belegen jedoch, dass der CIA Informationen sammelte und sie an die lateinamerikanischen Diktaturen weiterleitete, von den Aktivitäten Kenntnis hatte, sie duldete und auch technisch und logistisch unterstützte. Es gab auch Mordkomplotte außerhalb von Lateinamerika. Sogar in Washington, Rom und Madrid wurden Exilpolitiker ermordet und die Attentate linken oder rechten Terroristen in die Schuhe geschoben. Als Paraguays Diktator Stroessner 1989 gestürzt wurde, blieb offenbar keine Zeit mehr, dass Archiv zu vernichten. 1992 wurde es entdeckt und wird seither ausgewertet. Über diese Zeit in Argentinien heißt es:
“Peron kam 1943 durch einen Putsch an die Macht und nutzte die Gewerkschaften, um im Volk Rückhalt zu gewinnen. Er trat als sozialistischer Wohltäter auf, richtete Ferienkolonien für Arbeiter ein, verschenkte Nähmaschinen an Arbeiterfamilien und so weiter. Gleichzeitig baute er einen Polizei- und Spitzelstaat auf und unterdrückte jede Opposition. Er schuf eigentlich schon die Voraussetzungen für die späteren Terrorregime. 1955 wurde er entmachtet und floh nach Spanien ins Exil. In Argentinien löste eine Militärregierung die andere ab, aber keine konnte die inneren Widersprüche des Landes, den krassen Gegensatz zwischen Arm und Reich lösen. Von den westlichen Industriestaaten wurde jede Forderung nach sozialer Gerechtigkeit sofort als kommunistische Unterwanderung gebrandmarkt. Die Amerikaner wollten natürlich kein zweites Vietnam erleben und änderten ihre Strategie. Statt Truppen schickten sie Militärberater und inszenierten Staatsstreiche. Low Intensity Warfare nannte man das. Gezielter Terror gegen alles, was irgendwie nach links aussah.
1973 gewann erneut ein Peronist die mal wieder freien Wahlen in Argentinien und leitete die Rückkehr Perons ein. Peron wurde vom Volk wie ein Heiliger verehrt. Alle identifizierten sich mit ihm, die Linken, die Rechten und natürlich die Armen. Noch bevor er im Land eintraf, kam es am Flughafen zu Schiessereien zwischen den verschiedenen politischen Gruppen mit 200 Toten. Das Flugzeug musste auf einem anderen Flugplatz landen. Peron schlug sich in der Folge auf die Seite des rechten Flügels. Die Linke fühlte sich verraten und antwortete mit Terroranschlägen. Peron ließ seinen Geheimdienst, die berüchtigte Triple A, Allianca Anticomunista Argentina, gewähren. Diese operierte zwar unter staatlichem Schutz, aber letztlich waren ihre Methoden genauso terroristisch wie die der Terroristen, die sie bekämpfen sollten. Plötzlich gingen Todeslisten in der Stadt herum, Verfasser unbekannt. Die Presse druckte das auch noch. Die Betroffenen, meist Gewerkschaftsführer, Journalisten, Professoren und Juristen konnten in der Zeitung lesen, dass sie zum Abschuss freigegeben waren und hatten die Wahl, das Land Hals über Kopf zu verlassen oder entführt und umgebracht zu werden. Doch das war noch nicht der Höhepunkt des Terrors, der kam erst später. Noch herrschte ein unerklärter Bürgerkrieg zwischen staatlichen und oppositionellen Terrorgruppen. Dann starb Peron 1974. Isabelita, seine dritte Frau, politisch völlig unerfahren und hoffnungslos überfordert, trat die Präsidentschaftsnachfolge an. Allmählich macht sich die Krise auch wirtschaftlich bemerkbar. Die Inflation stieg auf 700 Prozent. In Chile, Paraguay, Uruguay und Brasilien war inzwischen das Militär an der Macht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch Argentinien fallen würde.
Im März 1976 war es soweit. Isabelita wurde verhaftet und abgesetzt und eine neue Militärregierung begann den wirklichen schmutzigen Krieg, den der damaligen Gouverneur von Buenos Aires, General Iberico Saint-Jean, mit den Worten umschrieb:
Zuerst werden wir die Subversiven töten, dann ihre Helfershelfer, dann ihre Sympathisanten; dann kommen die Lauen und am Schluss die Furchtsamen an die Reihe.“
Vor dem Putsch hatte es in Buenos Aires ein Treffen zwischen den Botschaftern einiger westlicher Staaten und den Offizieren, die den Staatsstreich vorbereiteten gegeben. Bei diesem Treffen soll es zu einer Absprache gekommen sein. Die Militärs versprachen, kein Blutvergießen wie in Chile anzurichten. Dafür wurden großzügige Umschuldungsverhandlungen in Aussicht gestellt. Eine so lautende Pressemitteilung wurde zwar dementiert, aber ihr Inhalt bewahrheitete sich bald. Die Militärregierung hatte unter anderem die Aufgabe, von ausländischen Kreditgebern diktierte drastische Wirtschaftsmaßnahmen gegen den Widerstand von Gewerkschaften und breiten Teilen der Bevölkerung durchzusetzen. So etwas geht nicht auf verfassungsmäßigem Weg. Es war offenkundig, dass derartige Einschnitte nur unter Suspendierung demokratischer Rechte und massiver Verletzung von Menschenrechten zu erreichen sein würde. 1982 ist ein Dokument aufgetaucht, aus dem hervorgeht, dass bereits im Jahr 1975 per Abstimmung innerhalb der Streitkräfte das Verschwinden lassen als Haupt-Repressionsmethode beschlossen wurde. In einer beispiellosen, hoch organisierten Gewaltorgie wurden innerhalb von drei Jahren 25.000 bis 30.000 Menschen entführt, gefoltert, ermordet und entweder in Massengräbern verscharrt oder betäubt aus Flugzeugen ins offene Meer geworfen. Auch Jugendliche und Kinder waren darunter. Es wurden Leute ermordet, weil sie eine Brille trugen oder weil sie im Adressbuch einer Person standen, die eine Brille trug; wer einmal verschwand oder verhaftet wurde, tauchte in der Regel nie mehr auf.
Wenn man heute jemanden fragt, was einem beim Datum 1978 einfällt, wird man in neun von 10 Fällen hören: Argentinien wird bei der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land Weltmeister, der parallele Horror im Hintergrund ist vergessen und verdrängt – fast. Die Fotos von Verschwundenen, die auch heute noch im Stadtteil San Telmo immer wieder die Häuserwände zieren, rufen dem Besucher in Erinnerung, dass Argentinien einen traurigen Rekord im Hinblick auf frei herumlaufende Massenmörder und folternde Psychopathen hält. Kaum einer der Handlanger des argentinischen Staatsterrorismus von 1976 bis 1983 ist jemals belangt worden. Eine juristische Handhabe gegen sie gibt es seit Präsident Menems Generalamnestiegesetz nicht mehr. Nur die Mütter, Großmütter und Angehörigen der Verschwundenen, die damals in der Mehrzahl zwischen 20 und 30 Jahre alt waren, demonstrierten bis heute jeden Donnerstagnachmittag auf der Plaza Mayor vor dem Regierungsgebäude vergeblich im Kreis, um Gerechtigkeit für ihre vom Staat verschleppten, gefolterten und ermordeten Kinder und Enkel zu fordern. Der Volksmund nennt sie liebenswürdigerweise las locas, die Verrückten.
Der Dichter Horacio Ferrer hat diesen Verschwundenen mit dem Tangolied Renaceré
ein Denkmal gesetzt:
Wieder geboren in Buenos Aires,
an einem Juninachmittag,
mit dieser gewaltigen Lust zu lieben und zu leben, werde ich unweigerlich wieder geboren,
im Jahr 3001, an irgendeinem Herbstsonntag
an der Plaza San Martin.
Streunende Hunde werden meinen Schatten anbellen,
mit meinem bescheidenen Gepäck kehre ich
aus dem Jenseits zurück.
Und knie nieder an meinem schmutzigen
Und schönen Rio de la Plata
Und kratze mir aus Schlamm und Salz ein
neues unermüdliches Herz zusammen.
Drei Schuhputzer, drei Clowns und
Drei Zauberer werden da sein,
meine ewigen Kumpane, und sie werden rufen:
Nur Mut, Che!
Werde geboren! Los Junge, mach schon, Bruder,
es ist ein hartes Geschäft, aber eine gute Sache,
zu sterben und wiederzukehren.
Renaceré Renaceré Renaceré.....
Ich werde wieder geboren,
und eine gewaltige außerirdische Stimme wird mir
jene uralte und schmerzvolle Kraft
des Glaubens verleihen
um zurückzukehren, zu glauben, zu kämpfen.
Hinter dem Ohr werde ich eine Nelke
Von einem anderen Planeten tragen,
denn selbst wenn niemand jemals wieder geboren
wurde, ich kann es!
Mein Buenos Aires, dreißigstes Jahrhundert,
wirst schon sehen.
Renaceré Renaceré Renaceré.....
Wieder geboren aus den Dingen, die ich so sehr liebte,
und die Hausgeister werden flüstern: er ist zurück....
ich werde die Erinnerung
Deiner schweigenden Augen küssen,
und das halb fertige Gedicht zu Ende schreiben.
Du wirst schon sehen, im Jahr 3001 komme ich wieder, mit den Jungs und Mädchen,
die es niemals gab und geben wird,
und wir werden die Erde segnen,
unsere Erde, und – das schwöre ich Dir –
wir werden in Buenos Aires neu beginnen.
23.7.2009 Filadelfia/Chaco/Paraguay Wir haben heute relativ zügig unser erstes Etappenziel im Chaco erreicht. Wir kennen die gefahrene Anfahrtsstrecke in Paraguay bereits aus den Vorjahren und somit ist der „Entdeckerreiz der ersten Stunde“ einer nüchternen Arbeitssicht gewichen: Wir müssen da halt durch, um gewisse Ausgangspunkte für neue Touren zu erreichen.
Asuncion, die Hauptstadt Paraguays haben wir wie im Vorjahr nur zum Einkaufen angesteuert. Die tagsüber quirlige, abends eher verschlafene Hauptstadt des Landes bietet keine besondere Sehenswürdigkeiten. War sie seit ihrer Gründung im Jahr 1537 lange Zeit die einzige nennenswerte Siedlung der Spanier innerhalb des La-Plata-Gebietes (1542 hatte der Ort 260 Häuser und über 600 Europäer lebten hier), versank sie später in der Bedeutungslosigkeit, als sich die Hoffnung der Spanier nicht erfüllte, von hier aus ins Goldland Peru zu gelangen: Der Chaco erwies sich als lebensfeindliche undurchdringliche Barriere mit feindlich gesinnten Indianern.
1821 war die Stadt eine Kleinstadt mit 7500 Einwohnern, die von dem überall Verschwörungen vermutenden damaligen Diktator Francia komplett umgebaut wurde. Da er befürchtete, dass sich im Grün der Bäume Schlupfwinkel seiner Gegner befinden könnten, ließ er alle Bäume und Gärten roden, weite Teile der Stadt komplett abreißen und mit breiteren Straßen nach traditionellem spanischen Schachbrettgrundriss neu aufbauen. Doch das dauerte und noch 1854 muss die Stadt schlimm ausgesehen haben. So berichtete Francias Nachfolger Carlos Antonio Lopez dem Kongress: „Die Hauptstadt und ihre Vororte bieten ein trauriges Bild. Die Kirchen drohen einzufallen und sind abgestützt. Die Wohnviertel sind vernachlässigt und unsauber. Die von Bautrümmern umgebenen Privathäuser drohen ebenfalls demnächst zusammenzustürzen. Die meisten Strassen sind von Wasserrissen durchzogen, unpassierbar und gleichen in der Regenzeit wilden Gießbächen. Der Fluss zerstört schnell den Stadtteil, der an seinem Ufer liegt.“
Heute bietet Asuncion mit seinen 500.000 Einwohnern als Hauptstadt eines der ärmsten Länder Südamerikas (Bruttonationaleinkommen 2005: 1040 US-Dollar/Jahr) ein krass zweigeteiltes Bild. Große Teile der Stadt wirken recht heruntergekommen und die Elendsviertel sind nicht zu übersehen. Doch gleichzeitig können wir feststellen, dass es sich mit Geld hier wohl sehr angenehm leben lässt. Die noblen Villengegenden sind vom Feinsten und die edlen Geschäfte und rausgeputzten Restaurants lassen erahnen: Hier ist viel Geld zuhause, dass manchmal wohl nicht nur auf legale Weise erworben wurde. Denn die paraguayische Volkswirtschaft ist laut Beobachtern schließlich auch heute noch eine „economia de Contrabando“, eine Schmuggelwirtschaft, die so bedeutend ist, dass sich kaum eine richtige volkswirtschaftliche Gesamtrechnung für den Staat durchführen lässt; und ohne diese blühende Schmuggelwirtschaft wären wohl einige 100.000 Paraguayer mehr ohne Arbeit.
Auf dem Parkplatz der superedlen riesigen Shoppingmall laufen wir an einem geparkten todschicken nagelneuen BMW-Geländewagen vorbei; es muss ein neues Modell sein, denn so ein Auto hab ich von BMW noch nicht gesehen. Während wir mit unserem bepackten Einkaufswagen auf dem Weg zu unserem Auto bewundernd an dieser Prachtkarosse vorbeilaufen, kommt nur wenig später der Besitzer des edlen Teils vorbei, setzt sich rein und steuert Richtung Ausgang direkt an unserem LKW vorbei. Plötzlich stoppt er, steigt aus und beginnt unsere Kiste mit dem Handy von allen Seiten zu filmen. Wie man sieht, ist halt alles eine Frage des Standpunkts.
Bei der Weiterfahrt Richtung Nordwesten passieren wir kurz hinter dem Stadtausgang von Asuncion dann auf einer großen Brücke den Rio Paraguay, der Ost- von Westparaguay trennt. Eine natürliche, klimatische und früher auch kulturelle Grenze. Im Osten fruchtbare Ackerböden, ganzjährig hohe Niederschläge und Siedlungsgebiet der meisten oft europäisch-stämmigen Einwohner, im Westen das Buschland des Gran Chaco, menschenleer, ehemaliges Siedlungsgebiet der Chacoindianer mit nach Westen immer weiter abnehmenden Niederschlägen. Die einzige Strasse, die diese menschenleere Region auf annähernd 1000 Km durchquert, die Transchaco, ist inzwischen komplett asphaltiert. Mit jedem Kilometer wird die Vegetation karger und trockener und die Besiedlung dünner: Obwohl der Chaco etwa 60% der Gesamtfläche Paraguays umfasst und in etwa so groß ist wie die alte Bundesrepublik Deutschland leben hier nicht einmal 100.000 Menschen und – nach 500 km Fahrt – liegt mittendrin das prosperierende Wirtschaftszentrum der Mennonitenkolonien von Filadelfia und Loma Plata, über deren Geschichte ich ja schon ausfüjrlich berichtet habe. . Hier, wo die offizielle Amtsprache neben Spanisch Hochdeutsch ist und im Alltag untereinander plattdeitsch geredet wird, ist der Ausgangspunkt für unsere Erkundung des nördlichen Chaco erreicht.
31.7.2009 Chaco/Paraguay (Karte Nr 3) Zurück in Filadelfia von unserer knapp 600 km langen Rundtour durch den nördlichen Chaco.
Tagebucheintrag von Silvia:
Wenn man eine Reise macht, dann lernt man schon eine Menge interessanter, aber auch sonderbarer Menschen kennen, wobei vielleicht auch ein gewisser Automatismus existiert: Wenn intertessant, dann auch sonderbar?! Wobei es ja "Positiv sonderbar" und "eher negativ sonderbar" gibt...
Der 62-jährige deutsche Haciendero und seine deutlich jüngere deutsche Frau, die wir im paraguayischen Chaco auf ihrer Hacienda besuchen ,gehören in diese Sparte Mensch:
Er lebt seit ca. 35 Jahren dort und hat erst alleine mit dem Geld von Bekannten und Verwandten, dann mit seiner Frau zusammen und in eigener Regie - nach Auszahlung der Darlehen - eine riesige Farm im Norden des Chaocs, ca. 180 km von Filadelfia ( das Zentrum der Mennoniten im Chaco und einzige Stadt im weiten Umkreis, genauer gesagt, ca. 500 km -Umkreis bis Assuncion...) aufgebaut (Karte Nr 3a)
Wir haben mal im Fischer Weltalmanach nachgeschaut: Die Fläche seiner Farm von 25000 ha oder 250 qkm entspricht einem Viertel des Berliner Stadtgebietes und ist ziemlich genau groß wie das Stadtgebiet von Frankfurt/Main! Allein die Zufahrt zu dem Haus von dem Eingangstor ist 12km lang... von dieser Fläche sind ungefähr 20% gerodet, der Rest ist noch urwüchsiger Chacowald, d.h. bestehend aus Bäumen mit extrem hartem
Holz oder Büschen. Rodungen werden hier mit dem Bulldozer durchgeführt, denn die Vegetation ist wirklich sehr hart und kann auch nicht einfach so abgebrannt werden wir im Regenwald, was positiver Weise dazu führt, dass es hier noch recht viel ursprüngliche Vegetation gibt.
Auf der riesigen Farmfläche von 35 km Länge und durchschnittlich 8 km Breite weiden nun mal neben einer Wasserbüffelherde sowie Schafen und Ziegen 3000 Rinder, welche im schlachtfertigen Zustand einen Wert von ca. 1 Million Euro darstellen und dazu dann noch diese riesige Fläche Landbesitz mit einem aktuellen Marktwert von etwa 7 Millionen Euro (nach Aussagen des Besitzers): Die beiden sind nicht gerade arm zu nennen. Eine Stromleitung gibt es in diese einsame Gegend natürlich nicht, die ganze Energie kommt aus dem Dieselgenerator und die Kommunikationsmöglichkeiten nach draußen hängen an einer Internetverbindung via Satellit und der damit verbundenen Telefonmöglichkeit über Skype. Sonst existiert nur noch eine Funktelefonverbindung zu seinem Mechaniker in Filadelfia, den er extra dafür engagiert hat, damit der den ganzen Tag in der Nähe des Funkgerätes bleibt und anfallende Aufträge in Filadelfia zu erledigen oder auch den ADAC-Pannendienst spielt, wenn es auf der Farm Probleme gibt.
Insgesamt betrachtet investiert unser Ganadero (Viehzüchter), wie er sich nennt, wahnsinnig viel Zeit und Lebensenergie im diese Hacienda: Er steht jeden Tag um 4:00 auf, macht erst mal Organisatorisches und Buchhalterisches und liest im Internet via Satellit die neuesten Zeitungsmeldungen, um dann mit aufsteigender Helligkeit mit dem Pickup zu den jeweiligen Brennpunkten seiner Arbeit zu donnern.
Da es in den Gebiet der Farm seit 2 Jahren im Grunde nicht geregnet hat, ist der Boden tiefgründig ausgetrocknet und auch die meisten der Tümpel und Seen und künstlichen Wasserspeicher sind ausgetrocknet. Das bedeutet ,dass er zur Zeit v.a. Wasser aus den wenigen noch vorhandenen Tümpeln pumpt oder aus bis zu 12m tiefen Bohrlöchern unterirdische Wasserspeicher anzapft. Mittels Diesel-Wasserpumpen wird das kostbare Nass dann in riesige erhöht stehende Wasserbehälter gepumpt, um von dort mit dem nötigen Druck auf die Weiden zu den Rindern transportiert zu werden. Gleichzeitig nutzt er die Trockenheit und lässt mit schwerem Gerät große Taramare, das sind ca. 10meter tief in den Lehmboden gegrabene große Gruben bauen, wo der Regen der nächsten ergiebigen Regenzeit das kostbare Nass auffangen und speichern soll, um für zukünftige Dürren optimal gerüstet zu sein.
Dementsprechend hat er eigentlich gar keine Zeit ,sich außer abends mit seinen Gästen zu beschäftigen. Einen Tag braust Lothar mit ihm im Pickup über sein Hoheitsgebiet. Mit Tempo 130 jagt er über die angelegten Buschwege zu Kontrollgängen von Wasserpumpe zu Wasserpumpe, dann hetzt er weiter zu einem Bohrteam, was für ihn nach seinen Anweisungen Testbohrungen nach Grundwasser durchführt, dann wieder kontrolliert er die Bauarbeiten an seinen künstlichen Wasserspeichern oder kontrolliert die Arbeiter, die für ihn gerade die Wand einer neuen großen Lagerhalle maurern. Abends schließlich erzählt er recht spannend von seinem Leben , den Anfängen der Farm mit Hilfe der Mennoniten, ohne deren Unterstützung er das Ganze nicht allein geschafft hätte. So hat er die ersten Jahre die zu verkaufenden Rinder die 180 km nach Filadelfia getrieben, was durchaus - ja nach Wetterverhältnissen 2 Wochen dauern konnte , oder wie sie Vorräte und anderes mit dem Ochsenkarren und später mit dem Traktor von dort holten, was ebenfalls ätzend lange bei Wind und Wetter und Moskitos dauern konnte. Seine Frau hat dann ihre zwei Kinder auf der Farm aufgezogen, zweimal am Tag musste die Milch für diese abgekocht werden, damit sie bei 45 Grad nicht schlecht wird, sie hatten weder Strom noch fließend Wasser und lebten - bis vor 6 Jahren - in einem Rancho, also einem kleinen Holzhaus, unter recht primitiven Bedingungen ( und das bei dem Kapital im Hintergrund... ). Also , alles recht spannend und fuer uns kaum nachvollziehbar.
Andererseits hat er sich in den langen Zeiten auf Ochsenkarren oder Traktor eine Philosophie und Lebensideologie angeeignet, die eben doch recht sonderbar ist, und er stellt sich heute in unseren Augen als ein extremes Alphatier dar, in dem Sinne, dass er kaum ein anderes Lebenskonzept ( Angestellter in einem Großraumbüro zu sein ist in seinen Augen total unmännlich, akademisch zu arbeiten kann er gar nicht als Arbeit akzeptieren und so weiter) als sein eigenes anerkennen will.
Und er hat natürlich zu allem nicht nur eine, sondern DIE einzig richtige Meinung, nämlich seine!. So gab es mal eine Diskussion um die Fahrenden Zimmermanngesellen, die er als bettelnde, arbeitsscheue Burschen identifizierte. Als Lothar ihm dann die Wikipedia-Definition aus dem Laptop vorlas, um ihm einmal die Hintergründe und die lange Tradition dieser Zunft zu verdeutlichen, machte er Wikipedia schlecht, weil da ja " jeder irgendwas reinschreiben könne".
„Wenn diese Schmarotzer, die da ihr Sprüchlein aufsagen, um dann bettelnd und faulenzend über die Runden zu kommen, wirklich was drauf hätten als Zimmerleute, dann hätten sie einen gut bezahlten Job und müssten nicht so rumlungern.“ Und so monokausal ist seine ganze Weltsicht gestrickt (Büromenschen- unfähige, faule Säcke, vor allem als Mann das allerletzte, Studenten, faules arbeitscheues Pack, Professoren, drücken sich durch angebliche Forschungsarbeit vor dem Unterrichten, das Bohrteam, das gerade für ihn nach Wasser bohrt -typisch: Da „kauft“ sich einer ein Geologendiplom und schafft sich schweres Bohrgerät an und tut so, als ob er was von Geologie verstehe.
„Die sollen alle erst mal hier bei mir antanzen und beweisen, dass sie was schaffen können!“.
Na ja - wir hatten da durchaus unsere Schwierigkeiten mit so einer Einstellung, haben uns aber, als Gäste, lieber zurueckgehalten, was Lothar ja durchaus schwer fällt.
Mit der Frau habe ich mich prima verstanden, auch wenn ich nicht nachvollziehen kann, wie sie eigentlich die ganze Zeit - jetzt in dem modernen Haus und mit erwachsenen Kindern, die zur Zeit beide in Deutschland leben - ihr Lebens dort verbringt , ohne extreme Langeweile zu haben. Denn, das fand ich auch sonderbar, sie hat eigentlich kaum eine intensivere Beziehung zu dem Land, zu der Hacienda, ja sie kennt sich noch nicht mal auf ihr aus!!! Und auf den anderen Hacienden in der "Nähe" ( was heißt Nähe, wenn jede Hacienda viele Quadratkilometer groß ist!?) leben keine Frauen, die bleiben in der Stadt und lassen entweder ihre Männer alleine auf der Farm werkeln, oder die Arbeit übernimmt sowieso ein Verwalter... Die Hauptattraktion des Monats ist für sie, wenn sie mit ihrem Mann nach Filadelfia fährt und da an einem "Lesezirkel der Mennonitenfrauen" teilnimmt... Er dagegen fährt sowieso mehrmals im Monat, ja in der Woche nach Filadelfia - er rast die Strecke von ca 200 km für die wir mit dem LKW 6 Stunden brauchten, in 1 1/2 Stunden entlang ~- aber sie findet es zu anstrengend (?) Außerdem ist er so ein typischer Vertreter jener Männer ist, die im LandBESITZ das Größte sehen - je mehr Land, desto besser, auch wenn man es nicht nutzt, sondern nur besitzt!
Damit fühlt und denkt er als Deutscher genauso wie die nationalen Hacienderos, die ja immer noch als Latifundistas die nationalen Oberschichten darstellen. In der Literatur habe ich ueber diese gelesen, dass sie ein eher "paternalistisches" Verhalten gegenüber ihrem Angestellten zeigen, da sie ja keine Sklaven mehr unter sich haben können/ dürfen wie zu früheren Zeiten. Ich konnte mir darunter nie so recht was vorstellen, bis ich eben das lebende Beispiel erleben konnte:
Da seine Farm doch recht weit von den Vergnügungs- und Einkaufmöglichkeiten der nächsten Stadt - im wahren Sinne: JWD - liegt, hat unser Gastgeber Schwierigkeiten, seine Leute für längere Zeit bei der Stange zu halten - sprich, wenn die Männer ( die Ehefrauen weigern sich sowieso , mit ihren Männern in die Pampa zu ziehen und bleiben in Filadelfia ) erst mal wieder genug verdient haben, dann gehen sie. Was Ihn furchtbar nervt!!! Wo er doch ihnen mehr Lohn als gesetzlich vorgeschrieben bezahlt, ihnen nette Unterkünfte sogar mit Strom gebaut hat und einem Teil ihres Lohnes, damit sie ihn nicht sinnlos ausgeben... ,auf ein extra Sparbuch einzahlt, damit sie Kapital bilden können...!!! Und dann verstehen die einfach nicht, was er denn von ihnen will, die müssen doch nur mitdenken und die Arbeit so erledigen, wie er das auch alleine machen würde!!! Undankbares Volk....”
Abgesehen von den Erkenntnissen über das Großgrundbesitzer-Leben und -Denken, haben wir allerdings auf wunderbare Weise auf der Hacienda tatsächlich einen JAGUAR in seiner Umgebung sehen können - es gibt sie also tatsächlich noch, die wilden Tiere!!!
Doch ansonsten sehen wir meist nur viele Vögel, vorwiegend und überall Neuweltgeier, die aber gar keine Verwandten unserer Altweltgeier sind, sondern zu der Familie der Stelzvögel wie die Störche gehören - ich mag sie trotzdem nicht sooo sehr- außer den Geiern aber auch, dummerweise meist fliegend und daher kaum zu fotografieren: Hellrote Araras und sogar Hyazinth-Araras und Riesen- Tukane sind die schönsten von ihnen, Dazu gibt es viele, viele bunte Schmetterlinge, worunter z.B. der Morphofalter mit metallicblauen Flügeln echt eine Augenweidse darstellt!!
Leider macht sich dieses Jahr die beißende und stechende Tierwelt auch recht aufdringlich bemerkbar....
Nach unserem knapp einwöchigen Hacienda-Besuch brechen wir noch ein Stück weiter in den einsamen Norden des Chaco auf, um dem einzigen Bergzug im gesamten Chaco einen Besuch abzustatten: dem Cerro Leon. Der liegt abgelegen im äußersten Nordwesten Paraguays an der Grenze zu Bolivien und ragt bis zu 300 Höhenmeter aus dem flachen Chacotrog ( jahrtausende alte Sedimentablagerstelle für die Anden und den brasilianischen Schild, mit bis zu 3000m maechtigen Sedimentschichten ) auf. Wir klettern auf einer dieser „Berghügel“ und haben endlich mal einen schönen Blick von oben über die insgesamt noch recht unberührte und unzerstörte Landschaft und Vegetation (Karte Nr 3b)
Wenige Tage später treffen wir ein ein deutsches Paar, beide Rentner und mit einem recht betagten kleineren Wohnmobil grad mal wieder ein bisschen unterwegs. Sie haben sich 70km von Filadelfia entfernt in einem kleinen Mennonitendörfchen ein Haus gebaut haben, wo sie ihrem Lebensabend verbringen wollen.
Der Chaco ist wirklich sehr interessant und die Mennoniten und ihre Erfolgsgeschichte der Inwert-Setzung dieser Region ebenfalls; das Wetter ist - sagen wir mal – abwechslungsreich: bei Nordsturm gibt es 45 Grad und Sand in alle Ritzen und das über Tage bis Wochen (bei Nordsturm verübte Gewaltverbrechen werden mildernd beurteilt, da er die Menschen unzurechnungsfähig macht...); wenn es dann regnet, d.h. mindestens 100mm Nierderschlag pro Guss fallen, dann kommen auch die Moskitos schnell heraus und alles versinkt in Schlamm; und jetzt waren es 2 Wochen lang graue kühle 15-18 Grad mit Wolken, die nur das Versprechen auf Niederschläge brachten. ABER: Meinen Lebensabend da zu verbringen finde ich eine äußerst sonderbare und nicht nachvollziehbare Idee! Nun ja - jedem das seine!
31.7.2009 Nachtrag zu den Bemerkungen unseres Haciendero über seine Probleme mit seinen Arbeitskräften. Das scheint ein flächendeckendes Phänomen in ganz Südamerika zu sein. Immer wieder lernen wir nach westlichen Leistungskriterien wirtschaftende Europäer kennen und stets hören wir deren Klagen über die Unzuverlässigkeit mit ihrem Personal. Große Teile der authochtonen Bevölkerung in südamerikanischen Ländern sperren sich offenbar hartnäckig gegen westlich geprägte Lestungsbegriffe und westlich geprägtes Leistungsdenken, wohl weniger in den industriellen Ballungsräumen, vor allem aber in ländlichen Gegenden. Das hat nichts mit Faulheit zu tun, sondern wohl eher mit einer ganz anders gearteten „Kurzfristigkeit“ des Denkens. Man stellt jemanden ein, der arbeitet eine Zeitlang sehr zuverlässig und plötzlich kündigt er, denn er hat genug Geld zusammen, um sich irgendeine Anschaffung zu leisten. Irgendwann ist das Geld wieder alle und er fragt wieder um Arbeit nach. Ob in Uruguay, in Brasilien oder in Paraguay, immer wieder hören wir ähnliche Geschichten, die stets eine Interpretation zulassen: Die Leute leben heute und jetzt und denken nicht groß an die Zukunft; die Blick ist auf die Erfüllung kurzfristiger Wünsche (und sei es auch nur das neueste Handy, auch in Südamerika Statussymbol) gerichtet, was die Zukunft bringt, weiß sowieso niemand. In Filadelfia erzählt uns jemand die Geschichte von einem seiner Arbeiter, dem er auf dessen Bitte beim Bau eines kleinen Häuschens kräftig finanziell unterstützt hat. Dieser zahlt das zinslose Darlehen über seine Arbeitsleistung auch schön brav ab und auf einmal kündigt er, um nur wenige Monate später wieder dazustehen und nach Arbeit zu fragen. Das Häuschen hat er in der Zwischenzeit zu einem Spottpreis verscherbelt, weil er das Geld gut für etwas – kurzfristig – wichtigeres gebrauchen konnte. Jetzt ist er wieder am Ausgangspunkt angelangt, und das Spiel kann von Neuem losgehen. Max Weber beschreibt in seiner 1911 erschienenen wegweisenden Gesellschaftsstudie „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ , wie aus den religiösen Überzeugungen einer asketisch-calvinistischen protestantischen Ethik heraus unser abendländisch-kapitalistisches Wirtschaftssystem mit allen seinen die Menschen prägenden Merkmalen entstanden ist. In diesem über Jahrhunderte von den Spaniern und Portugiesen streng katholisch geprägten Kontinent Südamerika hat dieser „protestantische Geist“ offenbar in weiten Teilen der Bevölkerung noch nicht Einzug gehalten.
10.8.2009 San Ignacio de Velasco/Bolivianisches Tiefland
Unsere Weiterfahrt führt uns vom paraguayischen Chaco ins Chaco-Tiefland von Bolivien. Am Fuß der Anden steuern wir Richtung Nord. Wir wollen den berühmten ehemaligen Jesuitenmissionen/reduktionen Boliviens einen zweiten Besuch abstatten und gleichzeitig ein paar Lücken von Orten schließen, die wir noch nicht gesehen haben. Auf dem Weg passieren wir diesmal erstmals auch die Region um die inzwischen größte und wichtigste Stadt von ganz Bolivien - Santa Cruz de la Serra, inzwischen eine rasant schnell wachsende Metropole, deren Einwohnerzahl längst die Millionengrenze überschritten hat. Und ich muss sagen: Diese Tieflandregion ist die modernste und wirtschaftlich erfolgreichste Gegend des ganzen Landes und eine Politik, die von der Hochlandhauptstadt Sucre aus im Interesse der Hochland-Indios der Aymara um Präsident Evo Morales gegen die Interessen der hier lebenden Industriellen und Latifunditas gerichtet ist, schadet dem ganzen Land wohl mehr als es potentiell nützen könnte, um die sozialen Unterschiede Boliviens abzubauen: Hier werden mehr oder weniger die gesamten Nahrungsmittel –außer den Kartoffeln und dem Alpacafleisch- des ganzen Landes produziert und hier wird auch das Erdoel und -gas gefördert....( Karte Nr 3c).
Besonders schön und interessant ist die Region um Santa Cruz allerdings nicht, halt Industrielle Landwirtschaft, wie in den meisten Teilen Brasiliens auch. Wir haben einen echten Motivationsdurchhänger, wie er von Zeit zu Zeit immer mal wieder auftritt. Auch ein mehrjährige Traumreise ist nicht immer nur ein Traum, wenn so gar nichts interessantes passieren will. Und so philosophieren wir nach längerer Zeit mal wieder über andere potentielle Reiseziele, falls wir doch feststellen sollten, dass wir den Kontinent Südamerika „ausgereizt“ haben.........
Nach mehreren öden Tagen erreichen wir endlich die Gegend der Jesuitenmissionen in einer Region, die Chiqitania genannt wird, das ehemalige Land der Chiquito-Indianer. Flächenmäßig mal wieder so groß wie Deutschland, ist es eine sehr dünn besiedelte, meist noch unberührte Naturlandschaft. Hier gründeten Jesuiten um 1750 Missionsdörfer, in denen zwischen 2000 und 3000 Indianer unter der Aufsicht von zumeist nur zweier Jesuiten lebten. Mit den Häuptlingen bildeten diese Zwei den Gemeinderat, der begrenzten Selbstverwaltung standen die Jesuiten vor. Die Missionen waren so konzipiert, dass sie autark bestehen konnten mit Land- und Viehwirtschaft als Grundlage sowie handwerklichen Berufen und Werkstätten. Die Indianer siedelten nicht ungern in den Reduktionen, da sie hier vor Sklavenjägern, Ausbeutung, Verschleppung und Knechtschaft sicher waren. Das Vertrauen zu den Jesuiten war groß, denn diese redeten ihre Sprache und respektierten ihre Lebensweise. Talentierten Indianern wurden neue handwerkliche Fähigkeiten beigebracht und viele von ihnen wurden so hervorragende Steinmetze, Schnitzer, Maler, Weber oder Musiker. Dafür mussten sie aber regelmäßige Arbeit nachgehen und vor allem den christlichen Glauben annehmen. Die Jesuiten schlossen die Indianer auch erfolgreich gegen eindringende brasilianische Sklavenjäger zusammen, organisierten den Widerstand, so dass sie in der Chuiqitania-Region letztlich frei leben konnten. Südamerikanische Großgrundbesitzer und Feinde innerhalb der spanischen Krone erreichten jedoch 1767, dass Kaiser Karl III. die Jesuitentätigkeit verbot, die Reduktionen auflösen, die Jesuiten verhaften und aus Südamerika verbannen ließ. Doch im Unterschied zu den Reduktionen auf paraguayischem Gebiet wurden die bolivianischen Reduktionen nicht zerstört. Die Bewohner hielten hier an ihrer neuen christlich-indianischen Lebensweise fest und gaben auch die Dörfer nicht auf. Erst nach der Unabhängigkeitserklärung Boliviens zerbrach das System der Reduktionen endgültig.
Auch bei unserem erneuten Besuch nach 2006 finden wir die erhaltenen architektonischen Zeugnisse dieser Missionen sehr eindrucksvoll: San Ramon, San Xavier, Concepcion, Santa Rosa de la Roca, San Miguel und San Ignacio de Velasco heißen die Orte mit beeindruckenden Kirchendenkmälern aus der Jesuitenzeit des 18. Jahrhunderts, die inzwischen von der Unseco zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Besonders Concepcion mit seiner atemberaubend schön restaurierten Kirche, seinen von Arkaden gesäumten Strassen und einer nächtlichen Atmosphäre fast wie in einem afrikanischen Dorf hat es uns wieder angetan. Wir übernachten zwei Tagen mitten im Ort neben der Kirche und spazieren abends durch die dunklen und weit verzweigten staubigen Wege des Ortes: eine sehr exotische Atmosphäre. (Karte Nr 4)
Während unseres Aufenthaltes in Concepcion ist der bolivianische Unabhängigkeitstag. Großes Tam-Tam an der Plaza vor der Kirche. Tribüne mit Ehrengästen, alte Kriegsveteranen mit ihren Orden am Jackett, patriotische Reden (Viva la patria!) , Musik, Militäraufmarsch mit Musikkapelle und schließlich Vorbeimarsch der Delegationen der zahlreichen Umlandgemeinden. Nach zwei Stunden ist alles vorbei und trotz des nationalen Feiertages sind die meisten kleinen Geschäfte und Lädchen wieder geöffnet.
16.8.2009 Chapada do Guimares/Brasilien/Bundesstaat Mato Grosso (Karte Nr 4a) Mal wieder hab ich heute Geburtstag, jetzt sind es schon 55 Jahre und ich stell schmerzlich fest, dass die Zeit unserer großen Reise zugleich in eine Lebensphase fällt, die von deutlichen Zeichen des Älterwerdens geprägt ist. Über 3 Jahre sind wir jetzt schon unterwegs und dass da inzwischen einiges an Zeit abgelaufen ist, ist beim Betrachten der älteren Fotos von 2006 nicht zu übersehen. Da gibt es nur eins: Spiegel weg und keine Fotos mehr machen. Dabei fühl ich mich eigentlich nach wie vor eher wie 20, doch ich mach mir nix vor: eine der vielen jungen, knackigen und durchaus interessiert blickenden Brasilianerinnen wäre inzwischen wohl eher mehr an der Schönheit meines Geldbeutels interessiert als an der Schönheit meiner jugendlichen Frische......
Ohne das wir es vorab geplant hatten, erreichen wir rechtzeitig mit Chapada do Guimares zum dritten Mal jenen kleinen Ort, an dem wir bereits im ersten Reisejahr 2006 meinen Geburtstag verbracht haben: „Same prodecure than last year, miss sophie? Same procedure than every year, James!!“ So verbringen wir den Tag wieder auf jenem Aussichtspunkt, der zugleich den messtechnischen Mittelpunkt Südamerikas bildet: Weit schweift der Blick über die 600 m tiefer gelegene Ebene des Pantanals und ist immer wieder atemberaubend schön. Und wenn gegen Abend der Wind an der Abruchkante nachlässt, stellen sich nach wie vor absolut zuverlässig jene berüchtigten winzig kleinen Beißliegen sein, die einen schnell in die Flucht treiben.
27.8.2009 Itaituba am Rio Tapajos/Brasilien/Bundesstaat (Para Karte Nr 5a) Wir sind zu einer neuen Rundfahrt durch das brasilianischen Amazonas-Tiefland gestartet. Von Cuiaba wollen wir zunächst Richtung Norden und Amazonas fahren (Karte Nr 5), wo man nach 1800 km (1000 km Asphalt. 750 km Piste) auf die Transamazonica trifft, jene berühmte Dschungelpiste, die wir 2007 bereits einmal in voller Länge befahren haben. Dort haben wir vor, den Blinker links zu setzen und noch einmal den zweiten und schönsten Abschnitt dieser Strecke von Itaituba nach Humaita/Porto Velho in Angriff zu nehmen (1050 km Piste). Über diesen Teil der Transamazonica besitzen wir keine aktuellen Informationen, vor 2 Jahren war die Strecke bei Trockenheit problemlos zu befahren, doch das ist 2 Regenzeiten her. Wir treffen in Cuiaba andere Auto-Reisende, die gerüchteweise von einer fast zugewachsenen Piste am Rio Tapajos berichten; wir halten das für Quatsch und können uns das aufgrund unserer eigenen Erfahrung nicht vorstellen.
Von Cuiaba aus starten wir Richtung Nord. Es geht durch den nördlichen Teil des Bundesstaates Mato Grosso. Zunächst liegen 1000 km Asphalt vor uns. Die Fahrt gleicht einer Zustandsbeschreibung der wirtschaftlichen „In-Wertsetzung“ des riesigen brasilianischen Binnenlandes (andere „böse“ Zungen wurden statt dessen den Begriff Umweltzerstörung verwenden). Wir durchqueren den gigantischen „Sojagürtel“ Brasiliens. Wo noch vor wenigen Jahrzehnten menschenleere Savannen und Wälder das Landschaftsbild beherrschten, erstrecken sich heute nahezu auf der kompletten Länge der Route riesige Monokulturen bis zum Horizont: Agro-Industrie in Vollendung. An den Straßenrändern immer wieder Werbetafeln mit Hinweisen auf die Pflanzen, die hier vornehmlich eingesetzt werden: Gen-manipulierte Soja-, Mais-und Reissorten, dazu etwas Baumwolle. Der LKW-Verkehr ist enorm, eine so hohe Dichte haben wir bisher noch nicht erlebt. Bis Tief in die Nacht rollt Truck an Truck an uns vorbei. An den hochgeklappten Zusatzachsen erkennt man, dass die Fahrzeuge leer Richtung Norden fahren, um von dort die Erzeugnisse der Agroindustrie aus den sehr grossen Sammelstellen abzuholen, deren hohe Silos und Lagerhallen wie moderne Kathedralen die wenigen Ortschaften schon von weitem ankünden. Die zwei grösseren Orte an der Strecke wie Sinop (60000 Einwohner) und Lucas do Rio Verde (30000 Einwohner) sind junge Städte, die aber schon längst dem Pionierstadium entwachsen sind: Planmässig angelegt mit einer funkelnagelneuen Architektur sind alte Häuser Fehlanzeige. Es gibt wirklich alles zu kaufen und die vielen schweren Pickup-Geländewagen zeugen vom Wohlstand der Region. Dieser Wohlstand zeit sich auch am Preis der Flasche Bier, die wir abends in einer Straßenbar geniessen. Sie ist so teuer wie in besten Strandlagen an der Küste. In einem Geschäft erzählt uns der deutschsprachige Besitzer, dass all diese Orte nicht älter als 25 Jahre sind und von vielen europäisch-stämmigen Südbrasilianern besiedelt wurden. Dieses Phänomen begegnet uns immer wieder: Die „landwirtschaftliche Erschließung“ des unerschlossenen Amazonastieflandes mit Monokulturanbau wird in großem Maße von wohlhabenden europäisch-stämmigen Südbrasilianern vorangetrieben. Kamen die Vorfahren einst als Hungerschlucker aus den übervölkerten Krisenregionen Europas nach Südbrasilien, um sich dort eine neue Existenz aufbauen, schicken sich die Enkel heute an, die arme und vielfach noch wenig erschlossene Amazonasregion zu erobern, wobei die Natur allerdings zumeist auf der Strecke bleibt.
Nach 4 Tagen haben wir die 1000 km Asphalt bewältigt. Mit dem Wechsel in den nördlich angrenzenden Bundesstaat Para ändert sich nicht nur der Straßenbelag und Ausbauzustand der Straße, auch das Landschaftsbild recht und links der Straße ändert sich. Es folgt der allmähliche Übergang von intensiver agroindustrieller Landwirtschaft zu extensiver Viehwirtschaft. Doch zunächst erwartet uns eine Überraschung. Die Straße wird ganz offensichtich weiter ausgebaut, auf weiteren 80 Kilometern ist man dabei eine neue Trasse zu bauen. Offensichtlich ist der weitere Ausbau dieser Straßenverbindung von Cuiaba nach Santarem am Amazonas (2000 km) Teil des gigantischen Investititionsprogramms, was die Regierung von Präsident Lula zu Beginn seiner 2. Amtszeit aufgelegt hat: Insgesamt 180 Millarden Euro!! sollen in den kommenden Jahren zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in den Ausbau der Energieversorung, den Wohnungsbau und Verkehrsinfrastrukturprojekte fließen.
Auf einer wirklich schlimmen Behelfspiste quälen wir uns voran. Tiefe Löcher und enorme Staubmehlmassen machen das Fahren zur Qual. Bei Gegenverkehr wird rings um uns alles so von Staub eingenebelt, dass man keine 2 Meter mehr schauen kann. Dann endlich nach 70 Kilometern und mehreren Stunden Quälerei ist der Baustellenbereich passiert. Die nächsten knapp 100 km sind recht ursprünglich, denn links der Piste hat das brasilianische Militär eine riesige Zone Wald für sich requieriert – Sperrgebiet und damit unversehrte Waldzone . Doch dann schlägt das brasilianische Bemühen eine „Kulturlandschaft“ zu schaffen wieder gnadenlos zu: Die nächsten 300 Kilometer sind das Land großer Viehfazenden. Der Wald ist bis zum Horizont gerodet, trostlos ragen ein paar unversehrte und endlos viele abgestorbene ehemalige Urwaldriesen aus den Rodungsflächen, Was anfangs im Bereich der Berge der Serra do Cachimba noch durchaus ihren Reiz hat, denn nur durch die Rodungen sieht man, dass die hügelige Landschaft mit riesigen Granitfelsen übersäht ist, wird mit jedem weiteren Kilometer immer frustrierender. Es ist einfach ein unschöner Anblick und sieht schlicht unästhetisch aus. Mir fällt eine Stelle aus dem Buch Kulturschock Brasilien ein, wo es über den Umgang der Brasilianer mit ihrer Natur heißt:
„Der Raubbau an der Natur, mit der Brasilien ja so reichlich gesegnet ist, hat die Brasilianer bislang wenig belastet. Traditionell galt: Ur-Natur muss weg- sie ist nur lästig, unproduktiv und sogar bedrohlich. Am Busen der Natur zu ruhen, ist geradezu pervers. Wer Umgang mit der Natur pflegt, ist geradezu zu bedauern, in der Sonne zu ackern, das ist Sklavenarbeit. Und wer die Natur liebt, beweist damit, dass er nicht einmal den primitivsten Grad der Zivilisation besitzt. Das „Unverhältnis“ vieler Brasilianer zur ungebändigten Natur drückt sich in Schreckensmärchen über die Gefahren der „Grünen Hölle“ aus. Das sind Geschichten wie aus Grimms Zeiten. Am liebsten würden diese Brasilianer mit der Natur so verfahren, wie man es im Barockzeitalter Europas getan hat – die Bäume auf Bonsai- und Buchsbaumformat zurechtstutzen und im übrigen Wege anlegen. Brasilianer haben also kein romantisches Verhältnis zur Natur wie die Deutschen. Sie sehen in ihr nicht die eigene Seele, sondern den Feind. Wer die Natur schützen will, paktiert mit dem Feind. Wo bitte gibt es denn in Europa noch ein Stück unberührte Natur? Alles Kulturlandschaft! Und die dürfen die Brasilianer nicht anlegen? Will man sie etwa als Affen auf die Bäume zwingen? Im Unterschied zu Europa, wo so gut wie keine Ursprungsvegetation mehr geblieben ist, hat sich in Brasilien jedoch keineswegs überall eine neue Kulturlandschaft gebildet, sondern oft eine Halbwüste. Das liegt unter anderem an der Ausplünderung der ehemaligen Kolonie, den mageren Böden, der nicht angepassten Agrartechnik und der fehlenden bäuerlichen Tradition.