Beide Länder führen hier ein Mauerblümchendasein.
Wir werden sehen.
China: „Zuerst wir!“
Dietmar Siebholz ist vielen Gold – und Silberbugs mit seinen Beiträgen auf Goldseiten.de bekannt. Er war einer der ersten, der vor zehn Jahren auf die Entwicklungen von Gold und Silber aufmerksam gemacht hat. Gleiches kann man ihm auch im Bereich der Seltenen Erden nachsagen, die gerade jetzt ein mediales Hoch erleben und für Schwierigkeiten in der Industrie sorgen. Und er sah eine weitere Sache voraus: Den Aufstieg Chinas. Vor zwei Jahren ist Dietmar Siebholz aus Deutschland nach Mittelamerika ausgewandert. Ein Interview mit ihm…
Dietmar, Sie sind nach Lateinamerika ausgewandert. Was hat Sie dorthin verschlagen? Das Wetter?
Lacht… Zwei Dinge haben mich ins Ausland verschlagen: Zum einen hatte ich geschäftlich viele Verpflichtungen jenseits von Deutschland. Und da ich sowieso schon pensioniert war, ein paar dicke gesundheitliche Probleme hatte und mit der Kälte in Deutschland nicht klar kam, sagte ich, dass das die Gelegenheit ist, weg zu gehen. Ich habe meine Immobiliengeschäfte in Deutschland, soweit es möglich war, zu Ende gebracht und habe mich verabschiedet. Ich habe Freiheit gewonnen, bin auch etwas gesünder geworden. Ob ich mal wieder zurück komme oder hin und her fliege, wird die Zukunft zeigen.
Wie würden Sie den Unterschied zwischen Deutschland und Lateinamerika beschreiben, dort wo Sie sich gerade aufhalten? Sie hatten damals im Sommer geschrieben, dass der Grund des Weggangs aus Deutschland auch etwas mit Krisenvorsorge zu tun hatte…
Stimmt. Wenn ich den Verfall in Deutschland sehe, und das ist für jeden offensichtlich. Spätestens seit Anfang Mai so gegen meinen Geburtstag herum wissen wir, dass die Verträge von Maastricht und Lissabon gebrochen wurden. Diese Entwicklung hat mich vor zwei, drei Jahren schon mal so gekennzeichnet, dass ich eine neue Partei gegründet hätte, wenn ich 40 Jahre jünger gewesen wäre. So habe ich mich gefragt, warum ich mir das antun muss und bin dem Problem aus dem Weg gegangen. Die heutigen Probleme sah ich damals erst in fünf, sechs Jahren kommen. Nun sind sie da. Wenn wir künftig über die anderen Länder ausgebeutet werden und ausbluten, werden wir in Deutschland nicht umhin kommen, dass wir sogar vielleicht bürgerkriegsähnliche Zustände bekommen. Das mag komisch klingen. Ich sehe doch, wie die Leute nicht verzichten können und man jetzt schon probiert, sie über Abzockprogramme zu „entreichern“. Das wird nicht ohne Schwierigkeiten gehen.
Die Leute denken, dass es hier, also in Paraguay, in Kolumbien, in Brasilien und in Panama, um einige Beispiel zu nennen, chaotische Verhältnisse gibt. Ja, das stimmt. Doch sind die Verhältnisse im Vergleich zu Deutschland viel liebenswürdiger, viel angenehmer. Aber die Steigerungsmöglichkeiten, die wir hier haben sind unendlich größer als in Deutschland. Ich, der jetzt bald 69 Jahre alt sein werde, muss mich ja daran orientieren, was in den kommenden fünf Jahren passiert. Hier wird sich wenig ändern. Die Manana-Haltung (also „morgen“) ist hier immer die Gleiche, aber es funktioniert. In Deutschland wird sich vom derzeitigen Status aus vieles extrem verändern, das Chaos wird in Deutschland viel grösser werden als es hier je sein wird. Es ist also ein Vergleich des Potentials der Chaossteigerungen, wenn Sie mich verstehen.
Sie hatten damals 2004 einen Artikel geschrieben mit 13 Thesen, wie die Chinesen auf dem Weg sind, sich von den Amerikanern des Empire zu holen. Hier für die Leser noch einmal ihre 13 Punkte…
1.Halte die chinesischen Arbeitskosten niedrig, um weltmarktfähig zu bleiben.
2. Übernehme in der ersten Phase einfache, aber personalintensive Arbeiten, die anderswo nicht so günstig erledigt werden können.
3. Mit stark wachsender Wirtschaft werden sich die anderen Volkswirtschaften darum bemühen, in Deinem Lande zu investieren.
4. Lasse die Ausländer investieren, gib ihnen aber nicht die Macht über die Unternehmen.
5. Binde Deine Währung fest an die Welt-Leitwährung, um sich so den Export in das Land der Welt-Leitwährung zu sichern.
6. Lasse fremde Investitionen nur dann zu, wenn gleichzeitig damit ein interessantes Know-How übertragen und für Dein Land verfügbar wird.
7. Versuche, über die Kostenvorteile eine Marktbeherrschung in Deinen Export-Zielländern zu erreichen. Zerstöre damit die Produktionskapazitäten Deines Exportpartners und mache ihn abhängig von Deinen Lieferungen.
8. Verängstige Deinen Exportpartner nicht, indem Du Deine Exporterlöse sofort in andere Währungen oder Edelmetalle umtauschst, sondern lege diese Gelder liquide und zinsbringend in dessen Staatsanleihen an; Dein Partner wird Dir dafür dankbar sein.
9. Analysiere genau, was Du noch zu Deiner Unabhängigkeit brauchen kannst, z.B. den Zugriff auf die erforderlichen Energiequellen und Rohstoffe.
10. Kaufe mit Deinen Exportüberschüssen die für Deine Wirtschaft erforderlichen Ressourcen, möglichst aber nicht im Lande Deines Exportpartners, sondern in anderen Ländern, denn sonst bist Du wieder in einer abhängigen Position.
11. Wenn Du Dich eines Tages stark genug fühlst, Du Dir ausreichende Ressourcen gesichert hast, dann gebe Deine Währung frei und fordere von Deinen Exportpartnern höhere Preise für Deine Waren. Dein Exportpartner wird in der Zwischenzeit seine Produktion wegen der von Dir jahrelang praktizierten Dumpingpreise entweder ververlagert oder eingestellt haben.
12. In der Zwischenzeit wird sich durch Deine hohen Überschüsse auch im eigenen Lande die Nachfrage so gesteigert haben, dass Du erhebliche Teile Deines Produktionsvolumens im eigenen Lande für den Konsum einsetzen kannst.
13. Wenn Du jetzt noch Deine verbliebenen Währungsreserven (in der Währung Deines Exportpartners) gegen andere und stabilere Währungen, eventuell sogar gegen Edelmetalle tauschst, dann kannst Du Deinen Exportpartner beherrschen. Du hast die Produktionskapazitäten, die Rohstoffe und Ressourcen und kannst über den Verkauf Deiner Währungsreserven Einfluss auf das Land der Welt-Leitwährung nehmen.
Wie weit ist denn Ihre Liste inzwischen abgearbeitet?
Je nach Sensibilität stehen wir zwischen 11 und 12.
Die Chinesen werden den 13. Schritt nicht tun – nicht, solange sie noch wesentliche Dollarguthaben besitzen.
Ich verwalte ja auch Wertpapierdepots. So haben wir 120 verschieden Aktien, darunter 80 australische Papiere. Von den 80 Unternehmen sind inzwischen 35 chinesisch beeinflusst. Wenn ein kleines Unternehmen braucht, dann fragt es oft nicht mehr Macquarie oder die Deutsche Bank, dann fragen sie eine chinesische Partnergesellschaft. Und siehe da: Diese investieren dann in das Unternehmen Auf diese Art und Weise wird das chinesische Dollar-Guthaben umgewandelt in Substanz, Beteiligungen und Firmen. Die Chinesen treten in Afrika, in Australien und besonders Südamerika auf, wo sie ihr Geld in Umlauf bringen bzw. sie für ihre US-Dollar Substanz kaufen.
Wenn die Chinesen den Punkt erreicht haben, dass ihr Konsum und die Umwandlung der Dollars einen erträglichen Punkt erreicht, werden sie die Amerikaner ärgern. Wann immer das passiert, es wird passieren – ob in ein oder zwei Jahren. Was immer die Amerikaner veranstalten, ist nach chinesischer Mentalität immer eine enorme Provokation und wird nicht vergessen. Ich kenne über Australien einige einflussreiche Chinesen. Und der Chinese vergisst nicht, wenn er gedemütigt wird – weder politisch noch wirtschaftlich. Im Moment fehlt China noch der globale politische Einflussbereich. Wenn man alles sorgfältig verfolgt, stehen wir irgendwo zwischen den Schritten 11 und 13.
Heute früh habe ich einen Bericht gelesen, dass Amerika zusammenbricht, wenn die Welt weniger als die Hälfte des Handels in US-Dollar abwickelt. Derzeit sind es rund zwei Drittel. Der Handel von China mit anderen Ländern erfolgt auch zunehmend in der eigenen Währung Renmimbi. Da braucht man immer weniger Dollar.
Die Amerikaner sind sich dessen sicherlich bewusst, vielleicht sogar, dass sie in der Rolle des Verlierers stehen. Wie würden Sie die amerikanische Position einschätzen?
Die Amerikaner lecken sich ihre eigenen internen Wunden und fälschen Statistiken- worauf ich vor zehn Jahren schon hingewiesen habe. Die Amerikaner sind ein nettes, freundliches Volk, aber die haben Null Ahnung von der Auswirkung der Politik, welche sich immer nur durchwurstelt. Aber sie werden eines Tages bemerken, dass der Kaiser nichts an hat und nackt ist. Man beobachtet auch, dass die Amerikaner nicht mehr so ernst genommen werden wie früher. Die BRIC-Staaten machen jetzt schon ihre eigene Politik. Das wird man dann auch in den USA feststellen, bloß kann man daran dann nichts mehr ändern.
Ich vergleiche das mit den Termiten, die ich neulich vor unserem Haus erlebt habe. Da steht ein Baum. Der hat einen Stamm und Blätter. Dann habe ich unten mit dem Fuß dagegen getreten, und der Baum ist umgekippt. Der Stamm ist hohl. Termiten scheuen das Tageslicht und entkernen alles, bis auf den äußeren Rand. wenn man dagegen tritt, dann kippt der Baum urplötzlich. Für mich ist das ein Bild auch für Amerika. Die Politik weiß das. Aber sie wird nichts tun können.
Ist das überhaupt im Interesse der Chinesen, dass sie die Hand schlagen, die sie unter anderem derzeit noch füttert?
Ich habe in meinem Leben viele Partnerschaften mitgemacht und wusste immer sehr genau, wie lange mich ein Partner braucht. Und wenn ich merkte, dass er inzwischen ein Eigenleben entwickelt hatte, dann habe ich die Partnerschaft freundschaftlich beendet. Denn danach gab es keine gemeinsamen Interessen mehr. Ich wollte nie den Punkt abwarten, an dem er mir verkündete: „Ich brauche Dich nicht mehr.“
Natürlich brauchen die Chinesen Amerika noch. Aber gehen wir mal davon aus, dass sie nicht mehr wie früher ein Drittel ihres Exports nach Amerika schicken, sondern jetzt nur noch ein Zehntel. Sie haben den Export nach Asien gesteigert und den nach Europa. Die Interessenlage, den Export nach den USA auch künftig aufrecht zu erhalten, sind mittelprächtig bis nicht mehr bedeutsam. Die Liquidität haben sie abgeschöpft. Es ist die Frage, wie weit die Chinesen das betreiben wollen. Aber den Schalter für eine solche Entscheidung haben die Chinesen in der Hand, nicht die USA.
Zudem muss man wissen, dass in den USA eigentlich kaum etwas fuer den Export hergestellt wird. Sie sind daher von Importen abhängig, denn außer Waffen, Flugzeugen und Agrarprodukten kommt ja kaum noch etwas aus den USA.
Sie haben als einer der ersten über die seltenen Erden geschrieben, wobei es ja keine Erden in herkömmlicher sind, sondern 17 seltene Metalle. Ist das einer der Schalter, den die Chinesen jetzt gerade umgelegt haben?
Ja, das ist so klassisch. Die Chinesen erkunden jetzt, inwieweit der Markt abhängig ist von ihren Produkten. Über einen deutschen Partner weiß ich, dass China seit sechs Wochen keine Angebote mehr für seltene Erden gibt. Sie haben das ganze System abgestellt, und das ist für China nationalwirtschaftlich vernünftig. „Erst wir!“ Sie brauchen diese seltenen Erden gar nicht komplett selbst. 2008 waren es ca. 30 Prozent. Vielleicht ist diese Zahl nun auf 50 bis 60 % gestiegen. Die westlichen Industrienationen werden etwas zu lernen haben. China wird erst seine eigenen Produktionsketten bedienen. Und das ist ein Machtfaktor. Man sieht das jetzt an den Seltenen Erden.
Wie hat sich China in diese Position im Bereich der seltenen Erden bringen können? Man sagt ja, dass 97 % der Versorgung mit Seltenen Erden dort herstammen. Im Moment jedenfalls…
China hat in der Mongolei ein riesiges Eisenerzvorkommen, verbunden mit Vorkommen an Thorium und seltenen Erden. Deng Xiaoping hat in den 70er Jahren mal gesagt: „Der Nahe Osten hat sein Öl, China hat seine seltenen Erden“. Da habe ich erst gelacht. Sie haben damals schon in Bezug auf Anwendungen der seltenen Erden geforscht. Die seltenen Erden wurden permanent subventioniert, weil sie nur die Eisenerzvorkommen haben wollten. Den weltweiten Markt für seltene Erden konnten sie über Preisdumping kaputt machen. Und das haben sie getan. Molycorp in Kalifornien an der Grenze zu Nevada hat seinen Laden damals dicht gemacht, wegen Umweltauflagen, während sich China um die Umwelt gar nicht gekümmert hat. Die anderen Unternehmen weltweit haben ihre Minen stillgelegt, weil sie bei den künstlich niedrigen Preisen nicht mehr rentabel arbeiten konnten. Und nun bedient China 97 Prozent des Weltmarktes. Jetzt aber beginnen auch die Chinesen ihren Unternehmen Auflagen zu machen. Das kostet viel Geld und daher lässt China die Preise steigen. Wer will sie daran hindern?
Bis man die Minen im Rest der Welt wieder hochgefahren hat, dauert es ein paar Jahre – ein Zeitgewinn für China. Wie reagiert denn die Politik darauf. Sie scheint ja inzwischen aufgewacht oder aufgeschreckt worden zu sein.
In den USA hat man fast alle strategischen Reserven auf Null abgebaut. In Deutschland wird zwischen auch darüber geredet. Die Industrie fordert die Politik auf, sich darum zu kümmern. Die Politik sagt wiederum, die Industrie soll sich selbst darum kümmern. In diesem Wechselspiel passiert recht wenig. Man kann solche Dinge nicht aus dem Boden stampfen, was man 20 Jahre versäumt hat. Und das ist in anderen Ländern auch so.
Eines kommt noch hinzu und das übersehen viele in den westlichen Industrieländern: China verfolgt auch die technologischen Entwicklungen sehr genau und jetzt kommt das Geniale an der chinesischen Strategie zum Tragen. Gibt es in einer Technologie-Entwicklung nennen wir es einmal so einen Quantensprung, dann steht China bereit, die weltweite Industrie mit seinen Rohstoffen zu versorgen. Manche frustrierte West-Politiker sagen, dass dies eine Erpressungsmethode sei. Darüber kann ich nur lachen, nur weil wir oder unsere Politiker dümmer oder kurzsichtiger sind, ist die chinesische Methode keine Erpressung, sondern die Ausnutzung eigener und frühzeitiger Investments.
Dass sich der Rest der Welt gegen diese Politik nicht rechtzeitig gewehrt hat, ist deren Fehler. Warum sollte ein gesunder Sportler sich vor dem Wettbewerb einen Fuß abhacken lassen, um die Chancen der anderen gehbehinderten zu steigern? Ist freier Wettbewerb nicht auch ein Grundprinzip des freien Wettbewerbs oder sind wir die richtigen Sozialisten und die Chinesen die wahren Kapitalisten?
Zurück zu den Seltenen Erden. Hier habe ich 2006 gewarnt, aber nur wenige haben sich auch aktienmäßig engagiert. Die werden jetzt belohnt. Die Seltenen Erden werden uns noch mindestens drei Jahre heftigst beschäftigen, weil erst dann eine nennenswerte außerchinesische Produktion entstanden sein wird. Im besten Falle, meine ich. Aber auch hier muss nach dem Prinzip Angebot und Nachfrage analysiert werden. Das ist sehr schwierig, weil man die Anteile bestimmter Seltener Erden bei den einzelnen Lagerstätten und gleichzeitig die Entwicklung des Verbrauches jeder einzelnen Art der Seltenen Erden in etwa kennen müsste. Ich kenne nur wenige Spezialisten, die sich in diese Details hineingearbeitet haben und eine einigermaßen zuverlässige Prognose abgeben können. Wenn es von Interesse sein sollte, möge man mich unter E-Mail
wthlz2@gmx.de oder ueber die Webseite
www.emuro.de darauf ansprechen.
Nun hatten Sie ja den richtigen Riecher in Sachen Edelmetallen vor zehn Jahren, vor sechs Jahren bei den seltenen Erden. Was ist denn die nächste Sache, wo es eng im Markt werden könnte, bzw. teuer?
Ich habe mir neulich Statistiken der EU-Kommission angeschaut. Und dabei war eine Studie mit einem Schaubild. Darunter stehen einige Mineralien mit „Gefährdungspotential für die europäische Industrie.“ So sind die zumindest eingeordnet. Was stand drauf? Unter anderem Vanadium, Tantal, Gallium, Germanium und Graphit. Graphit? Und da stutzte ich.
Kohle?
Hier sieht man das Gleiche wie bei den seltenen Erden. Der Markt ist kaputt gemacht worden. Die Preise waren nur am Fallen. Exploration: Fehlanzeige. Gleichzeitig aber, Achtung! findet eine Technologieentwicklung statt, die Graphit unersetzbar und unverzichtbar macht, also eine Zangenbewegung. Das Zeug braucht man. Und hier ist die Entwickelung der der seltenen Erden identisch.
Wozu braucht man Graphit?
Man braucht es als Schmierstoff, für Katalysatoren, in Hochöfen zur Auskleidung wegen seines hohen Schmelzpunktes. Alles andere koennen Sie bei Wikipedia nachlesen. Der Bedarf liegt etwa bei 1,1 Millionen Tonnen im Jahr. Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt, das sind die „technologischen Ueberraschungen“. Man braucht Graphit in den neuen Lithium-Ion-Batterien. Das sind Energiespeicher mit dem höchsten Speicherpotential. Warum Überraschung? Weil die Batterien zwar Lithium-Ion-Batterien heißen, aber den weitaus wichtigeren und gewichtigere Teil dieser Batterien macht das Graphit aus (je nach Leistung zwischen dem Achtfachen bis zum Zwanzigfachen des Lithium-Anteils). Keine Überraschung für mich, weil man vor etwa zwei Jahren feststellen konnte (wenn man es nur wollte), dass sich China sowohl in Südamerika als auch in Australien in Lithium-Lagerstätten oder Lithium-orientierte Firmen eingekauft hat (Beispiel: Galaxy Resources)
China reaktiviert den guten alten HTR Heisswasser-Kugelhaufen-Reaktortypen, den wir in Deutschland entwickelt und sogar einen davon im Hamm gebaut haben. Dieser Typ ist unkritisch, zuverlässig, produziert kaum Plutonium (der Waffenproduktionsmafia ist dies natürlich ein Grauen) und funktioniert sogar noch effizienter mit Thorium, das die Chinesen im Überfluss haben, weil es sehr häufig in deren Seltenen-Erden-Lagerstätten vorkommt. Und was brauchen diese Reaktortypen besonders? Ja, feinstes Graphit für die Umhüllung der Brennstoff-Kugeln als Dämpfer.
Und dann noch etwas… Im Jahre 2004 entwickelten zwei Wissenschaftler an der Uni in Manchester ein aus Graphit abgeleitetes Material, das diese mit Graphen bezeichneten. Im Prinzip ist dies eine einzige Lage von Atomen der kristallinen Graphitkette. Details sollten Interessierte unter Wikipedia und Google nachlesen, aber so viel ist zu sagen. Es handelt sich um eine ganz neue Art von Halbleitermaterial, das den herkömmlichen Stoffen wie Silikon jetzt schon in seinen Grundleistungen haushoch überlegen ist. Und raten Sie einmal, wer sich laufend in Manchester über die Entwicklung unterrichtet hat? Die Pekinger Spezialuniversität, die anfangs auch die Verwendung von Seltenen Erden untersucht und dafür mit einer eigenen Fakultät ausgestattet war.
Das mit dem Graphen wird ein Quantensprung in der Halbleitertechnik.
Vielleicht dauert das noch 5-7 Jahre
Wo auf der Welt kommt dieser Graphit vor?
Es gibt zwei Arten. Das eine kann man unter hohem Energieverbrauch synthetisch herstellen. Es hat bestimmte kristalline Strukturen. Der naturbelassene Graphit ist ähnlich entstanden wie Diamanten unter hohem Druck und Luftausschluss. Es entstanden keine Diamanten, weil der erforderliche Druck fehlte. So entstand das Graphit, wenn ich eine kanadische Fachzeitschrift richtig übersetzt habe. Im Vergleich zum synthetischen Graphit besitzt es eine extrem gleichmäßige kristalline Struktur. Das ist enorm wichtig für die Halbleiteranwendungen.
Nach meiner Erkenntnis gibt es weltweit 30 Dutzend Standorte, wo Graphit in produktionsfähiger Menge vorkommt.
Kanada: 27.000 Tonnen, Betrieb vorerst eingestellt, jetzt wieder begonnen
Madagaskar: 5.000 Tonnen
Nordkorea: 30.000 Tonnen
Südafrika: eingestellt
China: 800.000 Tonnen, mehr 400 chinesische Produzenten
Indien: 140.000 Tonnen
Brasilien: 77.000 Tonnen
Türkei: 55.000 Tonnen
Norwegen 15.000 Tonnen
Ukraine: 8.000 Tonnen
Sri Lanka : 7.000
Simbabwe: 11.000 Tonnen
Welt-Jahresproduktion also ueber 1,18 Mio Tonnen (Basis 2008)
60 Prozent sind synthetisches Graphit, 40 Prozent Naturgraphite. Wie kann man als Investor in diesen Bereich einsteigen?
Sehr schwierig. Es gibt keinen Rohstoffhandel wie bei Kupfer, Zink etc. Die meisten produzierenden Unternehmen sind staatliche Unternehmen oder nicht boersennotiert. Wenn ich mich nicht irre, gibt es in China nur einen einzigen nicht staatlichen Betrieb, die haben derzeit nur eine Jahresproduktion von 30.000 Tonnen. In Indien gibt es zwei wesentliche Firmen, von denen nur Graphite India börsennotiert ist, die aber nur synthetisches Graphit mit ca. 70.000 to p.a. herstellen. In Brasilien und in der Tuerkei gibt es zwei resp. ein Unternehmen, die aber auch nicht an der Boerse notiert werden. Und in Sri Lanka gibt es einen Partner der Deutschen Graphit Kropfmühl, die selbst nicht mehr produziert, sondern ihr Bergwerk zum Schaubergwerk umfunktioniert hat. Es gibt unter den Verarbeitern zum Beispiel die SGL Carbon, an der sich die Quandt-Erbin Susanne Klatten jüngst stark engagiert hat, aber die sind ja überwiegend Verarbeiter von Graphit, nicht Produzent von Naturgraphit.
Die Aktien, die sich für ein Investment qualifizieren können, sind an den Fingern beider Hände abzuzählen und Explorationsgesellschaften mit vielversprechenden Lagerstätten habe ich nach sechs Monaten auch nur vier oder fünf gefunden. Man kann in verarbeitenden Betriebe investieren, “wo sich die positive Entwicklung für Graphit auch positiv in deren Ergebnissen niederschlagen werden. Aber die Hauptspekulation mit dem größten Risiko, aber auch mit den größten Chancen wird wohl in der Vorbereitung der Produktion, in der jahrelang vernachlässigten Explorationsebene stattfinden. Es ist ein enger aber vielversprechender Markt und es ist sehr reizvoll, sich jetzt einzuarbeiten, bevor die ganze Welt aufwacht und so nach Graphit schreien wird, wie es derzeit bei den Seltenen Erden geschieht.
Apropos schreien. Es hatte fast den Eindruck, als tat das unsere Kanzlerin, als sie sich für eine chinesische Liefergarantie bemühte…
Ich musste lachen, als sich unsere Kanzlerin in Peking stark für eine chinesische Liefergarantie für Seltene Erden beim dortigen Ministerpräsidenten machte und sie – so wurde es jedenfalls interpretiert – die Antwort bekam. „Sie haben jahrzehntelang die Seltenen Erden zu einem Preis von Salz erhalten, jetzt werden Sie erfahren müssen, dass sie Gold wert sind“. Dann wird aber Graphit nach meiner Meinung bald Silber wert sein.
Apropos: Ist Silber inzwischen „durch“?
Silber hat seine Eigendynamik. Wenn man jetzt endlich mal die Shortposition dort regelt, wird es spannend. Silber ist als Geldmetall weitgehend bekannt. Aber es hat nicht mehr die anfängliche Dynamik des ersten Drittels, eher des zweiten Drittels eines derartigen Preiszyklus. Ich erwarte, dass die Preisentwicklung im letzten Drittel des Zyklus dann parabolische Züge annehmen wird. Diese Preisentwicklung hat jedoch einen grossen Nachteil, nämlich den, das eine Kurve, die so extreme Steigungen produziert, aus ganz logischen Gründen plötzlich in sich zusammenfallen muss, denn, wie es so schön heisst „die Bäume können nicht in den Himmel wachsen“. Dann kommt das wieder einmal überraschende Aus. Zu diesem Zeitpunkt will ich aber nicht mehr dabei sein. Aber: Wir haben das zweite Drittel noch nicht einmal vollständig durchschritten. Das dritte Drittel steht uns noch bevor.
Dietmar, vielen Dank für die Eindrücke und Ihre Zeit.