Spekulationsfrist soll fallen

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lodo
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Spekulationsfrist soll fallen

Beitrag von lodo »

Spekulationsfrist soll fallen

Die große Koalition startet einen neuen Versuch, private Veräußerungsgewinne zu besteuern. Die Abschaffung der Spekulationsfrist sei Teil einer Liste zum Abbau von Steuervergünstigungen zur Etatsanierung, heißt es in Regierungskreisen.


HB BERLIN. Geplant ist offenbar eine pauschale 20-prozentige Steuer auf Gewinne aus Börsen- und Immobilengeschäften. Bislang sind diese nur dann steuerpflichtig, wenn sie innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr für Aktien und zehn Jahren für Immobilien realisiert werden und eine Freigrenze von 512 Euro im Jahr überschritten wurde. Für Aktien gilt das Halbeinkünfteverfahren, nach dem Spekulationsgewinne nur zur Hälfte steuerpflichtig sind; Gewinne aus Finanzinnovationen und Immobilien sind voll steuerpflichtig.

Details zu den Plänen der großen Koalition sind bislang nicht bekannt; Vorbild könnte aber eine Initiative des hessischen Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) sein, der unlängst eine pauschale und anonyme Abgeltungsteuer auf alle Kapitaleinkünfte vorgeschlagen hatte.

Die Spekulationsteuer steht seit Jahren im steuerpolitischen Fokus. Während Steuerjuristen und Finanzwissenschaftler nahezu einhellig die umfassende Besteuerung privater Veräußerungsgewinne fordern, da sie Einkommen darstellten, warnen Praktiker vor praktischen Details einer umfassenden Besteuerung. Überdies gibt es verfassungsrechtliche Probleme: 2004 hatte das Bundesverfassungsgericht die Besteuerung von Spekulationsgewinnen in den Jahren 1997 und 1998 für verfassungswidrig erklärt, weil es erhebliche Vollzugsdefizite gegeben habe. Der Fiskus hätte keine Möglichkeit gehabt, Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen. Der Ehrliche sei der Dumme, so die Richter. Inzwischen haben Finanzgerichte auch ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung in den Folgejahren geäußert. Nun liegt die Sache beim Bundesfinanzhof, der Ende November die Angelegenheit verhandelt. Bereits 2003 scheiterte Noch-Finanzminister Hans Eichel (SPD) mit seinem Versuch, eine umfassende Besteuerung privater Veräußerungsgewinne einzuführen. Sein Steuervergünstigungsabbaugesetz wurde in weiten Teilen vom unionsdominierten Bundesrat abgelehnt.

Mit dem neuen Versuch und der 20prozentigen Pauschalsteuer will das Bundesfinanzministerium offenbar vermeiden, dass Anleger Spekulationsverluste aus Vorjahren geltend machen können. Dies wäre bei einer anonymen Abgeltungssteuer kaum praktikabel.

Die auf Anleger spezialisierte Münchner Steuerberaterin Birgit Hosemann betonte, einige ihrer Mandanten säßen noch auf sehr hohen Verlustvorträgen aus Vorjahren - Spekulationsverluste können heute nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden; sie dürfen aber vorgetragen werden und mit etwaigen Spekulationsgewinnen in Folgejahren verrechnet werden.

Unklar bliebe auch die Besteuerung von solchen Anlegern, die ihr Depot bei einer ausländischen Direktbank hätten. " Müssen diese Anleger den vollen Steuersatz zahlen?" , fragt Hosemann. Schließlich könnten Auslandsbanken nicht verpflichtet werden, Steuern an den deutschen Fiskus abzuführen.

Die Investmentfondsbranche betonte, eine Wertzuwachssteuer würde sämtliche Bemühungen, die Menschen durch langfristiges Sparen zur privaten Altersvorsorge zu motivieren, konterkarieren. Noch sei allerdings unklar, ob der Wertzuwachs seit dem Erwerb der Kapitalanlage oder ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes besteuert werden solle, sagte ein Sprecher des Branchenverbandes BVI.

Die Immobilienbranche warnte die Regierung vor einer rückwirkenden Besteuerung. " Anlegern, die ihr Geld bereits in geschlossenen Immobilienfonds angelegt haben, muss Bestandsschutz gewährt werden" , forderte Eric Romba, Hauptgeschäftsführer des VGF Verband Geschlossene Fonds.




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lodo
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Beitrag von lodo »

Koalition will Veräußerungsgewinne ab 2007 besteuern

Berlin (Reuters) - Die von der großen Koalition geplante Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien und Immobilien von Privatpersonen soll nach den bisherigen Plänen nur für Wertsteigerungen und Neufälle nach dem Jahr 2007 gelten.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Michael Meister, unterstrich am Samstag in Berlin, eine solche Regelung werde sich in die Zukunft richten, nicht in die Vergangenheit. Bislang können Anleger ihre Aktien nach einem Jahr und nicht selbst genutzte Immobilien nach zehn Jahren mit Gewinn verkaufen, ohne dafür dem Fiskus einen Anteil zu geben. Union und SPD wollen diese Zeitfristen zum 1.1. 2007 abschaffen und die Veräußerungsgewinne generell mit 20 Prozent besteuern.

Bei der Einführung der Besteuerung ist zwischen Neu- und Altfällen zu unterscheiden. Dieser Bestandschutz ist notwendig, um Anleger, die vor der Neuregelung im Glauben auf eine Steuerfreiheit Aktien oder Immobilien gekauft haben, nicht zu schädigen.


Dazu sind zwei Möglichkeiten denkbar:

Nach Meisters Worten ist daran gedacht, lediglich die Wertsteigerungen zu besteuern, die nach dem 1. Januar 2007 entstünden.

Eine andere Möglichkeit wäre, lediglich Aktien- und Immobilien den neuen Steuerregeln zu unterwerfen, die nach Anfang 2007 gekauft werden. Für alle vorherigen Käufe würde dann weiter das alte Recht gelten.


Unklar ist nach Worten des designierten Bundesfinanzministers Peer Steinbrück zudem, wie etwa Gewinne aus Lebensversicherungen, die auf Aktiengeschäften basieren, oder Fonds-Sparpläne in diesem Zusammenhang behandelt werden.


Der SPD-Politiker sagte, die genaue Ausgestaltung unterliege dem Gesetzgebungsverfahren. Das Thema Veräußerungsgewinne werde jedoch wieder aufgegriffen, wenn die große Koalition an die Reform der Unternehmensbesteuerung herangehe. Auch dort werde es um die Frage von Veräußerungsgewinnen gehen. Ferner stelle sich in diesem Zusammenhang auch die Frage einer Abgeltungssteuer erneut. Die Unternehmensteuerreform soll Anfang 2008 in Kraft treten. Ziel der Koalition ist es, alle Unternehmen steuerlich gleich zu behandeln. Bislang zahlen Personengesellschaften Einkommensteuer und Kapitalgesellschaften Körperschaftsteuer.



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malvegil
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Beitrag von malvegil »

Genialer Schachzug! Die allfällige Geldmengenerhöhung führt zu Inflation und Preissteigerung von Anlagegütern (Immobilien, Aktien), und auch von diesem rein nominellen Anstieg der Vermögenswerte, der zunächst nur die Inflation ausgleicht, nimmt sich der Fiskus seine 20%. Um "Spekulations"gewinne geht es dann gar nicht mehr, denn auch der moderateste Anstieg einer Volksaktie über 10 Jahre hin wäre steuerpflichtig. Und die Berücksichtigung von Verlusten hat man wohl ganz übersehen. Eine pauschale Erstattung von 20% der Verluste (analog zur pauschalen Besteuerung von Gewinnen) dürfte zum selben kriminellen Desaster führen wie die pauschale Erstattung der Vorsteuer jetzt schon. Und wenn der Finanzminister die Verluste unter den Tisch fallen lassen will, wird er vor dem Verfassungsgericht keine Chance haben.

Was bei all dem finanzpolitischen Gerede über die Spekulationssteuer immer vergessen wird, ist, daß jedem gewonnenen Euro auf der anderen Seite statistisch wahrscheinlich 0,95 Euro Verlust gegenüberstehen (nicht beim einzelnen Anleger oder Trader, aber volkswirtschaftlich aufsummiert). Weitet man die Fristen aus, erfaßt man mehr Gewinne, aber eben auch mehr Verluste. Was in der Summe übrig bleibt, ist eben cum grano salis die Geldmengenerhöhung.
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